Künstliche Intelligenz und Informationskompetenz (IK): ChatGPT als neue Dimension in der Vermittlung von IK

Ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung ist ChatGPT mit Sicherheit fast jeder und jedem ein Begriff. Angesichts des Impacts ist es auch nahezu unmöglich, noch nichts vom Chatbot des US-Entwicklers OpenAI gehört zu haben. Nur fünf Tage nach dem Release kommunizierten bereits eine Million Menschen weltweit mit ChatGPT und nach nur zwei Monaten sollen bereits 100 Millionen aktive Nutzer:innen erreicht worden sein, Tendenz steigend.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Noch im März 2023 veröffentliche OpenAI die neueste Version ChatGPT 4.0, die allerdings nicht mehr kostenfrei genutzt werden konnte, Microsoft verknüpfte seine Suchmaschine Bing mit ChatGPT und im Mai stellte OpenAI für Nutzer:innen mit einem kostenpflichtigen Plus-Konto über 70 Plug-ins zur Verfügung, darunter auch die Alpha-Version eines Web-Browsers. Standen ChatGPT für seine Antworten bis dato nur die Daten zur Verfügung, mit denen das Large Language Model bis September 2021 trainiert worden war, können über diese Schnittstelle nun auch aktuelle Webseiteninhalte eingebunden werden.

Eine Auseinandersetzung mit ChatGPT

Diese rasante Entwicklung beschäftigt uns natürlich auch in der TIB. Es werden interne Einsatzmöglichkeiten, datenschutz- und urheberrechtliche Aspekte sowie Implikationen für die Entwicklung des TIB-Portals und anderer TIB-Tools diskutiert. Ein besonderer Fokus liegt derzeit aber vor allem auf der Vermittlung und damit auf der Frage, wie ChatGPT zielgruppengerecht, zum Beispiel in Rechercheschulungen, thematisiert/angewendet werden kann.

Wie können Studierende Chatbots wie ChatGPT bei der wissenschaftlichen Recherche einsetzen und wie kann die TIB ihnen die dazu notwendige Kompetenz vermitteln?

Eine neue Herausforderung

Large Language Models (LLM) sind bereits seit einigen Jahren in der Entwicklung. Die Architektur von GPT, dem Model hinter dem Chatbot ChatGPT, existiert seit 2017. Die Veröffentlichung von ChatGPT in der Version 3.5 stellt aber insofern eine Zäsur dar, als dass von einem Tag auf den anderen Millionen von Menschen weltweit die Möglichkeit gegeben wurde, mit einem Tool zu interagieren, das auf einem der leistungsstärksten LLMs aufbaut.

Angela Merkel wurde 2013 für ihre Aussage, dass das Internet für uns alle Neuland sei, mit Häme überschüttet, und sicherlich gibt es zum jetzigen Zeitpunkt auch etliche Menschen, die für sich bereits ein Anspruch nehmen, ChatGPT verstanden zu haben und Meister:innen in der Anwendung zu sein. Die meisten von uns befinden sich aber noch in der explorativen Phase und da nehmen wir uns in der TIB nicht von aus. Bevor wir Studierenden vermitteln können, wie ChatGPT beispielsweise in der wissenschaftlichen Recherche eingesetzt werden kann, müssen wir zunächst einmal selbst begreifen, was ChatGPT überhaupt zu leisten imstande ist.

Wichtig ist uns dabei in den Austausch mit Studierenden, aber auch mit Lehrenden zu kommen, denn an den Hochschulen waren die Auswirkungen der Veröffentlichung von ChatGPT unmittelbar spürbar und haben schon jetzt zu zahlreichen Veränderungen, beispielsweise bei der Konzeption von Prüfungsleistungen, geführt.

Wie werden Chatbots wie ChatGPT das wissenschaftliche Arbeiten und Prüfungsleistungen verändern?

Im Zentrum stehen hier Fragen wie: Wie verändert sich das wissenschaftliche Arbeiten? Wann ist der Einsatz von KI-Anwendungen sinnvoll, wann problematisch? Welche Kompetenzen müssen Studierende zukünftig besitzen, um eine gute wissenschaftliche Leistung erbringen zu können?

Ein passendes Angebot

Als Universitätsbibliothek wollen wir dazu beitragen, Antworten auf diese Fragen zu finden, und wir wollen Schulungsinhalte entwickeln und Angebote schaffen, die Studierende dabei unterstützen, einen produktiven, kompetenzgeleiteten wie auch kritischen Umgang mit ChatGPT und anderen KI-Anwendungen zu entwickeln.

Dabei gilt es, weitere Entwicklungen und relevante Veränderungen im Blick zu behalten, ständig dazuzulernen und Bedürfnisse, die an der Universität entstehen, wahrzunehmen und aufzugreifen. Der Anspruch sollte aber auch sein, nicht nur eine reaktive Rolle einzunehmen, sondern sich aktiv mit dem Einsatz von KI-Technologien auseinanderzusetzen und eine Position zu finden, die Orientierung für eine verantwortungsvolle Nutzung bietet.

... ist Bibliothekar im Team Auskunft am TIB-Standort Conti-Campus.