Zwischen Munition und Totenschädeln – eine FaMI im Ausland

Durch das Projekt europaktiv hatte ich während meiner Ausbildung die Möglichkeit, ein 8-wöchiges Auslandspraktikum in der Marsh’s Library in Dublin zu absolvieren.

Von Deutschland nach Irland

Am 24. Juli 2022 war es endlich so weit und es ging von Berlin mit dem Flieger los nach Dublin. Um 23.30 Uhr Dubliner Zeit gelandet, wurde ich von meinen Gasteltern vor Ort abgeholt.

In Irland angekommen. Foto: Fenja Orfgen

Nach einem kurzen Kennenlernen auf der 30-minütigen Autofahrt ging es dann direkt ins Bett, da ich fit für den nächsten Tag sein wollte. Die Unterkunft war in einem äußeren Stadtteil von Dublin, Rathfarnham genannt. Dort habe ich ganz normal mit im Haus meiner Gastfamilie gewohnt.

Die Bibliothek und meine Tätigkeiten vor Ort

Am nächsten Morgen ging es dann los in die Bibliothek. Kurz vor 10 Uhr setzte mich meine Gastmutter vor der Bibliothek ab und ich konnte meine Reise in die Vergangenheit beginnen.

1707 gegründet ist die Marsh‘s Library die erste öffentliche Bibliothek Irlands. Sie ist in ihrem Originalgebäude mit der Originaleinrichtung erhalten geblieben.

Ein Foto, auf dem sehr alte Bücher zu sehen sind.
Zum Bestand der Marsh‘s Library gehören viele historisch wertvolle Bücher. Foto: Fenja Orfgen

Wenn man die Bibliothek betritt, kommt man durch ein imposantes Eisentor, hinter dem man eine Treppe emporsteigt, um zur eigentlichen Bibliothek zu gelangen. Das Innere ist mit imposanten Eichenregalen ausgestattet und man hat das Gefühl, dass man sich in der Harry-Potter-Bibliothek befindet.

Während der Aufstände 1916 geriet die Bibliothek ins Kreuzfeuer zwischen England und Irland, wodurch noch heute Kugeln in Regalen und Büchern zu finden ist sowie Bücher mit Einschusslöchern.

Ein Einschlussloch im Bücherregal mit Kugel. Foto: Fenja Orfgen

Im hinteren Teil der Bibliothek befinden sich die „Käfige“, in welchen ein Teil der besonderen Bestände verwahrt werden: Ebenfalls findet man hier einen Totenschädel, der ein Nachbild der Geliebten von Jonathan Swift darstellt,  beide sind in der St. Patricks Kathedrale neben der Bibliothek begraben.

Hier werden die besonderen Bestände der Bibliothek aufbewahrt. Foto: Fenja Orfgen
Abgeholt wurde ich von der Bibliotheksassistentin Amy Boylan, die hauptsächlich für mich verantwortlich war. Da die Bibliothek am Montag immer für die Öffentlichkeit geschlossen hat, konnte ich die Zeit nutzen, um mich mit der Umgebung und den Kolleg:innen vertraut zu machen. Ich habe direkt eine Einführung in die Aufstellung bekommen und sollte dann mit Amy Bücher für einen Nutzer heraussuchen, der am nächsten Tag zu Forschungszwecken vorbeikommen wollte.

Zu meinen Hauptaufgaben gehörten die Aufsicht im Lesesaal sowie das Ausheben und Einstellen von Büchern. Nach meiner ersten Woche habe ich die Forschenden meist alleine beaufsichtigt und sie mit der gewünschten Literatur versorgt sowie den Umgang mit den alten Büchern erklärt. Des Weiteren durfte ich bei Bestandsprüfungen und Katalogisierung helfen sowie einige Seminare besuchen, die den Umgang mit Altbeständen erklärt haben.  

Inkunabel (einer der ersten Drucke in der Bibliothek). Foto: Fenja Orfgen

Unterwegs in Irland – meine Freizeitgestaltung

Zwischen kostenlosen Museeumsbesuchen und Spaziergängen in den unzähligen Parks mit Arbeitskolleg:innen habe ich mit Tagestouren am Wochenende Irland erkundigt.

Weltbekannt: die Cliffs of Moher. Foto: Fenja Orfgen

Unter anderem ging es für mich zu den Cliffs of Moher, the Burren, Dingel Penisula und in den Killarney Nationalpark.

What a view: Wandern in Irland (Glendalough). Foto: Fenja Orfgen

Aber es ging auch nach Nordirland, um dort Belfast und den Giant‘s Causeway zu sehen. Wenn man an diesen imposanten naturgeformten Sehenswürdigkeiten steht fühlt man sich als Mensch ganz schnell sehr klein. Aber es ist ein wundervoller Anblick und jede Minute der Reise Wert gewesen.

Giant‘s Causeway in Nordirland. Foto: Fenja Orfgen
Die Gastfreundschaft der Iren ist vor allem bei spontanen Treffen in Pubs nach der Arbeit aufgefallen. Zusätzlich habe ich wärmste Empfehlungen von meinen Arbeitskolleg:innen für kleine Geheimecken in Dublin erhalten, die sich bezahlt gemacht haben. Bei Wanderungen in den Wicklow Mountains und beim Baden in der Irischen See bei Dun Loaghaire habe ich die nähere Umgebung Dublins kennenlernen können und dadurch auch einige der Freizeitbeschäftigungen der Dubliner.

Mein Fazit

Es war eine sehr lehrreiche Zeit. Ich konnte nicht nur einen völlig anderen Bibliotheksalltag, sondern auch eine andere Kultur kennenlernen. Während ich unter der Woche in die Vergangenheit zurückgereist bin und mich unter alten Büchern und Forschenden zu Hause gefühlt habe, konnte ich am Wochenende das Land und die Leute näher kennenlernen. Ich konnte somit neues Wissen aufbauen und internationale Kontakte zu verschiedenen Bibliothekar:innen knüpfen.
Ich bin für all die Erfahrungen, die ich in der Zeit sammeln konnte, unendlich dankbar. Ich bin über meinen Horizont herausgewachsen und konnte mich beruflich sowie privat weiterentwickeln. Ich kann jedem empfehlen, eine Zeit im Ausland zu verbringen und sich dort den Arbeitsalltag erklären zu lassen. Ein großes Dankeschön gilt der Ausbildungsleitung der TIB, die mir ermöglicht hat, acht Wochen im Ausland zu verbringen, statt der fürs Praktikum geplanten vier Wochen. Des Weiteren möchte ich mich ausdrücklich bei der Bibliotheksleitung bedanken, die meinen Wunsch unterstützt sowie die Freistellung genehmigt hat.
Wer noch mehr Details über meine Zeit in Irland erfahren möchte, kann gerne meinen Praktikumsbericht auf Deutsch oder auf Englisch lesen oder den Vortrag aus der Berufsschule zu meinem Auslandspraktikum anschauen.
Bibliotheksleitung der Marsh‘s Library Foto: Fenja Orfgen