Die TIB setzt auf nutzergesteuerte Erwerbung

Bibliotheksauftrag, Erwerbungsprofil, inhaltliche Ausrichtung der Institute – dies sind die elementaren Grundlagen für alle Erwerbungsentscheidungen, die wir als Fachreferenten im Rahmen unserer Arbeit täglich treffen. Dennoch stellt sich immer wieder die Frage, ob wir „die richtigen“ Bücher und Zeitschriften kaufen oder die wirklich relevanten Datenbanken lizenzieren. Natürlich gibt es Anschaffungsvorschläge, aber nicht alle Nutzer:innen wissen schon vorher, welchen Titel sie genau benötigen bzw. welcher Verlag die für sie relevante Literatur veröffentlicht. Gleichzeitig steht für jedes Fachgebiet nicht so viel Geld zur Verfügung, dass  alle interessanten Publikationen auch tatsächlich erworben werden können. Wie schön wäre es daher, beides zusammenzubringen: einen auf die Fächer zugeschnittenen Titelpool mit einer Vielzahl an inhaltlich hochwertigen Titeln, die bei jeder Rechercheanfrage der Nutzer:innen mit durchsucht und in den Trefferlisten angezeigt werden. Und die Möglichkeit, von diesen Titeln dann nur diejenigen tatsächlich zu kaufen, für die ein echtes Interesse besteht, die also intensiv gelesen werden …

Seit Jahresbeginn hat die TIB für die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer genau so ein Modell gestartet. Es wurden insgesamt 1.700 Titel verschiedener Universitätsverlage (gebündelt über den Aggregator JSTOR) – aus den Erziehungswissenschaften, den Literatur- und Sprachwissenschaften, den Sozial- und den Wirtschaftswissenschaften – in unseren Katalog bzw. unser Discovery-System übernommen. Egal, ob es sich um „Credit rating agencies“, Demokratietheorie, „Critical essays on William Faulkner“ oder aktuelle Entwicklungen im Bildungssektor handelt – thematisch einschlägige Suchanfragen führen so zu Treffern, der Nutzer kann direkt auf das gesamte Buch zugreifen. Erst bei der siebten Nutzung (Ansicht oder Download) wird ein Kauf ausgelöst und automatisiert abgewickelt.

Vor dem Hintergrund begrenzter Erwerbungsmittel sind wir immer darauf bedacht, ein möglichst gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu realisieren. Dies gelingt mittels solcher Modelle oft besser als beim Kauf großer E-Book-Pakete, da eine deutlich gezieltere Selektion erfolgt. Ein Pilotprojekt für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass die Kosten pro Nutzung für die erworbenen E-Books verglichen mit anderen E-Book-Paketen im Durchschnitt nur halb so hoch sind. Außerdem ist der Abwicklungsaufwand  – wenn das Modell einmal eingerichtet ist – wesentlich geringer als bei einzelnen Anschaffungsvorschlägen, wo erst Preise und Nutzungsbedingungen für das gewünschte Buch erfragt werden müssen und ggf. ein separater Lizenzvertrag abzuschließen ist. Die Nutzer:nnen bekommen von der tatsächlichen Kaufentscheidung nichts mit und müssen nichts beantragen, wir als Fachreferenten müssen nicht jeden einzelnen Kauf genehmigen. Der automatisierte Kauf ist nur dann nicht mehr möglich, wenn die Lizenzkostensumme für alle Fächer ausgeschöpft ist.

Wir hoffen, dass die bereitgestellten Titel eine sinnvolle Ergänzung zum bisherigen Bestand darstellen und freuen uns, wenn im Rahmen des Modells eine besonders zielgenaue und effiziente Auswahl der Titel durch die Nutzer:innen selbst erfolgt.

Für Feedback stehen wir gern zur Verfügung

... ist Referentin für Lizenzen.