Was „Diamond Open Access“ alles bedeuten kann

Die Bezeichnung „Diamond Open Access“ („Diamond OA“) verbreitet sich in der Bibliothekswelt zunehmend. Allerdings werden mit „Diamond OA“ unterschiedliche Konzepte und Sachverhalte bezeichnet, die nicht immer dasselbe meinen. In einem am 30.09.2022 in o|bib erscheinen Artikel „Facetten eines Missverständnisses – Ein Debattenbeitrag zum Terminus „Diamond Open Access““ (https://doi.org/10.5282/o-bib/5849) setzen wir uns mit der Bezeichnung und ihrer Unschärfe auseinander.

Hintergrund

Uns ist aufgefallen, dass mit „Diamond OA“ unterschiedliche Konzepte und Sachverhalte bezeichnet werden, die nicht immer dasselbe meinen. Daher laden wir zur Auseinandersetzung mit dem Terminus ein. Um es vorweg zu nehmen: Wir sehen die Verwendung der Bezeichnung mit Skepsis: Das liegt vor allem an den vagen und unterschiedlichen Definitionen, von denen sich manche sogar gegenseitig widersprechen: Teilweise wird „Diamond OA“ als Untermenge von Gold OA aufgefasst, teilweise werden beide Modelle als Gegensätze dargestellt, indem Gold OA mit APCs (Article Processing Charges) gleichgesetzt wird. Häufig werden mit „Diamond OA“ implizit oder explizit Attribute wie „scholar-led”, „academic-owned“, „community-driven“ oder „non-commercial“ verbunden, die aber ebenso wenig eindeutig definiert sind. Manche gehen so weit, „Diamond OA“ als strikt nicht-kommerziell zu definieren und sogar die kommerzielle Nachnutzung (im Widerspruch etwa zur Berliner Erklärung) auszuschließen. Gemeinsam ist allen uns bekannten „Diamond-OA“-Definitionen nur, dass sie ein Publikationsmodell bezeichnen, das Open-Access-Erstveröffentlichungen ohne Kosten für Autor:innen und Leser:innen meint.

Trotz dieser unterschiedlichen Auslegungen scheint sich die Bezeichnung zunehmend zu institutionalisieren – so werden z.B. Fördergelder für „Diamond OA“-Projekte bereitgestellt – was eine Klärung des Terminus umso dringlicher macht.

Unser Fazit

Die Bibliothekswelt hat lange daran gearbeitet, die Bezeichnungen „Gold“ für Open-Access-Erstveröffentlichungen und „Grün“ für Open-Access-Zweitveröffentlichungen in der Wissenschaftswelt zu etablieren. Wir resümieren, dass die Bezeichnung „Diamond OA“ in der Kommunikation innerhalb der Bibliothekscommunity für eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte verwendet wird. Das scheint eine Verständigung auf gemeinsame Ziele zu erleichtern, da alle meinen über das zu reden, was ihnen selbst gerade vorschwebt. Etwaige Missverständnisse offenbaren sich dann aber spätestens in der Umsetzung. Wir ermutigen deshalb, die Bezeichnung „Gold OA“ in der Kommunikation für frei zugängliche Erstveröffentlichungen unabhängig vom Finanzierungsmodell des Publikationsorgans zu verwenden.

Wir sind der festen Überzeugung, dass wissenschaftliche Publikationen dauerhaft offen und frei zugänglich sein sollen – für Leser:innen und für Autor:innen. Wenn finanzierbare Open-Access-Erstveröffentlichungen ohne Kosten für Autor:innen unser Ziel sind, sind verschiedene Geschäftsmodelle denkbar. Wenn wir wollen, dass Eigentum und Betrieb von Infrastrukturen in die Hände der Wissenschaft gehören, müssen wir uns mehr mit Vergabe- und Vertragsrecht, mit Softwarelizenzen, der nachhaltigen Finanzierung von Infrastrukturen und der Anerkennung des Engagements in Infrastrukturen wissenschaftlichen Publizierens für akademische Karrieren beschäftigen. Der Term „Diamond OA“ allein reicht dafür nicht aus. 

Lasst uns in konkreten, operationalisierbaren Bezeichnungen darüber sprechen, wie wir diese Ziele erreichen!


Beitragsbild von caro_oe92 auf Pixabay

... hat die stellvertretende Leitung des Bereichs Publikationsdienste

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste und betreut dort die Open-Access-Publikationsplattform TIB Open Publishing.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB im Projekt open-access.network