Open Access Champions an der LUH: Mathias Tantau

In der Reihe „Open Access Champions“ stellen wir Mitglieder der Leibniz Universität Hannover (LUH) vor, die sich besonders für Open Access engagieren. Dafür haben wir ihnen jeweils fünf Fragen gestellt.

Mathias Tantau

Mathias Tantau hat Mechatronik BA und MA an der LUH studiert und zwischen BA und MA einen sog. Forschungsmaster (Master of Science by Research) an der Cranfield University, GB gemacht, betreut von Prof. Paul Shore und Dr. Paul Morantz. Aktuell arbeitet er seit 2017 am Institut für Mechatronische Systeme (imes) an der LUH. Zu seinen Schwerpunkten gehören Identifikation, Optimale Anregung, Praktische Identifizierbarkeit, Sensitivitätsanalyse, Bewertung von Modellstrukturen, Modellstruktur-Optimierung anhand stochastischer Kriterien, Strukturelle Identifizierbarkeit und Strukturunterscheidbarkeit.

Warum publizieren Sie Open Access?

Wir kennen alle das Problem, dass ein spannend klingendes Paper hinter einer Bezahlschranke verborgen ist. Das ist ärgerlich und entweder auf Dauer teuer oder die Qualität der Literaturrecherche verschlechtert sich. Ich freue mich daher, durch Zweitveröffentlichungen die eigenen Paper zugänglicher zu machen und auch einen Beitrag zur Chancengleichheit zu leisten. Frei im Internet verfügbare Veröffentlichungen machen es jeder und jedem möglich, sich in neue Themen einzuarbeiten. Dies wäre zwar manchmal auch durch Zuzahlungen der Autoren von mehreren tausend Euros möglich, aber wer hat dafür schon das Geld?

Der Vorteil am Open Access ist neben den Kosten auch die frühere Verfügbarkeit.

In welchen Situationen hat sich Open Access für Sie als hilfreich erwiesen?

Für mich war es schon oft möglich, Paper auf diese Weise zu erhalten, auch wenn typischerweise nur die Autorenversion verfügbar ist. Der Vorteil am Open Access ist neben den Kosten auch die frühere Verfügbarkeit. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Zeitschriften, bzw. die Organisatoren von Konferenzen manchmal ein bis zwei Jahre brauchen, bis nach der finalen Einreichung endlich die pdf online heruntergeladen werden kann. Da kann das Preprint deutlich schneller verfügbar sein, sofern erlaubt. Kommentare von Leserinnen und Lesern können ggf. noch berücksichtigt werden. In aktiven Forschungsbereichen, in denen sich jedes Jahr viel tut, sind kurze Totzeiten wichtig, um redundante Veröffentlichungen oder umsonst durchgeführte Forschungstätigkeiten zu verhindern.

Wie sehen Sie die aktuelle und zukünftige Situation von Open Access in Ihrem Fachgebiet?

An der Leibniz Universität Hannover hat sich in den letzten Jahren viel getan. Als ich hier anfing, gab es noch keine einheitliche Möglichkeit zur Zweitveröffentlichung, während es inzwischen nicht nur eine einfach zu bedienende Internetseite dafür gibt, sondern auch sehr hilfreiche Unterstützung und Kontrolle der Einträge. Gerade bei den rechtlichen Fragen ist Unterstützung wichtig. Durch die Technische Informationsbibliothek (TIB) komme ich eigentlich an jede Veröffentlichung heran, auch an diejenigen, die nicht direkt kostenlos heruntergeladen werden können. Die Tatsache, dass nicht die offizielle Version, sondern nur die Autorenversion frei verfügbar gemacht werden kann, sehe ich nicht als große Einschränkung, weil ich von eigenen Papern weiß, dass sich wenn überhaupt nur sehr wenig an den Texten ändert und Abbildungen 1:1 übernommen werden. Ein Problem sehe ich im Moment noch in der teilweise langen Embargozeit von z.B. zwei Jahren, die abgewartet werden muss, bevor ein Artikel zweitveröffentlicht werden darf. Dies relativiert die Vorteile. Bei einigen Konferenzen in meinem Fachbereich sind Informationen zu diesem Thema nur schwer zu erhalten, z.B. durch persönliche Nachfrage. Dies zeigt, dass tatsächlich bisher nur in wenigen Forschungseinrichtungen von Open Access Gebrauch gemacht wird.

Welche Hindernisse sehen Sie für einen kompletten Umstieg auf Open Access?

Ich erwarte, dass in der Zukunft die Verlage Parallelveröffentlichungen eher als Werbung sehen werden und nicht als ausgebliebenen Verkauf, denn bei immer günstiger werdenden Speichermedien und trotzdem hohen Konferenzgebühren (teilweise über tausend Euro, auch bei online-Konferenzen) sollten sich die Veröffentlichungen auch dann rechnen, wenn die Paper nur selten verkauft werden. Ich sehe es auch so, dass die Verlage nur wenig eigene Arbeit in eine Veröffentlichung stecken, weil die Autoren durch entsprechende templates schon perfekt formatierte Manuskripte abgeben. Ob allerdings ein kompletter Umstieg auf Open Access erstrebenswert ist, halte ich für fraglich. Dies könnte dazu führen, dass vielfach ohne peer-review veröffentlicht wird (grauer Weg), was durch den Veröffentlichungsdruck zu eher vielen und nicht zu innovativen Beiträgen führen würde. Dabei gibt es in jeder Disziplin schon so unendlich viel Literatur zu lesen, dass eigentlich eher eine Beschränkung auf möglichst wenige und gute Veröffentlichungen für die Zukunft sinnvoll wäre. Es sollte unbedingt ersichtlich bleiben, ob ein peer-review stattgefunden hat und die Anzahl der Veröffentlichungen sollte keine Währung sein.

Wo finden oder erwarten Sie Unterstützung beim Open-Access-Publizieren und der Open-Access-Transformation?

Wie gesagt bietet die Technische Informationsbibliothek (TIB) sehr viel Unterstützung und Kontrolle. Leider ist die Unterstützung durch die Zeitschriften meiner Erfahrung nach eher schlecht. Die rechtlichen Fragen dazu sollten auf den Internetseiten genauso gut verfügbar sein wie z.B. die Einreichungsdeadlines. Davon sind wir aber noch entfernt.