Open Access in der Astronomie: Nicht mehr nur grün

Die Astronomie/Astrophysik ist einer der Spitzenreiter, was Open Access betrifft. Laut Studien (Piwowar et al. 2018; Taubert 2019) sind je nach betrachtetem Zeitraum 60 bis 87 % der Publikationen des Fachgebiets frei zugänglich. Der Großteil davon ist auf dem „grünen Weg“ verfügbar – dank arXiv, wo die meisten Astrophysiker:innen ihre Veröffentlichungen als frei zugängliche Preprints teilen. Die Astrophysik war 1992 nach der Hochenergiephysik eine der ersten Communities, die arXiv für sich entdeckt hat, bis 2021 wurden 263.219 Dokumente hochgeladen.

Während der „grüne“ Weg also gut etabliert ist, ist der „goldene“ Weg zu Open Access – vielleicht gerade deshalb – weit weniger ausgeprägt. Das Directory of Open Access Journals (DOAJ) verzeichnet für das Fach Astronomie immerhin rund 40 Zeitschriften, viele davon widmen sich aber speziellen Untergebieten oder Randgebieten wie Archäoastronomie oder Geodäsie. Unter den allgemeinen Astronomie-Zeitschriften sind The Open Journal of Astrophysics und SciPost Astronomy hervorzuheben, die beide aus der Community entstanden sind, keine Gebühren von den Autor:innen verlangen und sich den Fair Open Access Principles verpflichtet fühlen.

Ein großer Teil der Veröffentlichungen erscheint aber in den vier Zeitschriften The Astrophysical Journal (ApJ), The Astronomical Journal (AJ), Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS) und Astronomy & Astrophysics (A&A), die auch als die renommiertesten Zeitschriften im Fach gelten. Bis vor kurzem erschienen diese als Subskriptionszeitschriften, wenn auch mit einer „moving wall“, was heißt, dass die Ausgaben nach 12 bzw. 24 Monaten frei zugänglich wurden.

Seit Jahresbeginn erscheinen ApJ und AJ, zusammen mit den anderen Zeitschriften der American Astronomical Society, Open Access. Die Gesellschaft setzt dabei auf das bei vielen Verlagen beliebte Modell der article processing charges (APCs), also Gebühren, die von den Autor:innen zu bezahlen sind. Die APCs betragen abhängig von der Artikellänge zwischen 1.149 und 4.499 US-Dollar. Das ist vermutlich gar nicht einmal so abschreckend, da die Zeitschriften schon bisher page charges in vergleichbarer Höhe verlangt haben.

Im April 2022 verkündete EDP Sciences, der Verlag, der derzeit A&A verlegt, dass die Zeitschrift ab sofort über das Modell Subscribe to Open (S2O) Open Access erscheinen wird. In diesem Modell verpflichten sich Bibliotheken, Beiträge in Höhe ihrer bisherigen Subskriptionen weiter zu zahlen, wofür im Gegenzug die Zeitschrift Open Access erscheint. A&A finanzierte sich bisher neben den Subskriptionen durch Mitgliedsbeiträge von teilnehmenden (vorwiegend europäischen) Ländern und durch page charges von Autor:innen aus Nicht-Mitgliedsländern. Das wird auch weiterhin der Fall sein.

Mit ApJ, AJ und A&A erscheinen somit drei der vier wichtigsten Zeitschriften des Fachs Open Access.

Ebenfalls das Modell S2O nutzt seit kurzem der Verlag Annual Reviews, der 51 Review-Zeitschriften für unterschiedliche Fächer herausgibt, darunter die Annual Review of Astronomy and Astrophysics. Somit stehen auch die angesehenen und vielfach zitierten Übersichtsbeiträge aus dieser Zeitschrift künftig Open Access zur Verfügung.

In beiden Fällen beteiligt sich auch die TIB am S2O-Modell.


Beitragsbild: Planetarischer Nebel IC 1295 (ESO, CC BY 4.0)

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB und ist insbesondere für Beratung und Schulungen zum Thema Open Access zuständig.