Spontan und nachhaltig zugleich – erste große bibliothekarische Online-Fachkonferenz #vBIB20 erfolgreich durchgeführt

ein gemeinsamer Beitrag mit Ute Engelkenmeier, BIB-Vorsitzende

Aus Anlass des bedauerlicherweise abgesagten Bibliothekartags in Hannover, fand vom 26. bis zum 28. Mai 2020 die #vBIB20 statt – die virtuelle Konferenz rund um Bibliotheken, Informationseinrichtungen und alle, die für sie arbeiten. Innerhalb weniger Wochen haben sich die Veranstalter TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften und der Berufsverband Information Bibliothek (BIB) auf die organisatorischen wie technischen Rahmenbedingungen verständigt und in einem kleinen, engagierten Organisationsteam diese besondere, gewissermaßen experimentelle Veranstaltung konsequent umgesetzt. Denn: In einer solchen Form und in diesem Umfang gab bzw. gibt es bisher im deutschsprachigen Bibliotheks- und Informationswesen kein vergleichbares Vorbild oder Erfahrungen. Die Spannung war daher besonders groß:

 

Programmvielfalt, Dynamik und Flexibilität

Trotz der aktuellen Corona-Pandemie und der damit verbundenen belastenden Arbeits- und Lebenssituation haben sich viele Fachkolleginnen und -kollegen ad hoc dazu bereit erklärt, ihre ursprünglich für den Bibliothekartag 2020 akzeptierten Einreichungen im neuen Format virtuell zu realisieren. Hinzu kamen eigens für die #vBIB20 vorbereitete Beiträge: Vorträge, Diskussionsrunden wie auch Videopräsentationen. Ob Personal- und Serviceentwicklung, Open Access oder Bibliotheksrecht – in kürzester Zeit entstand ein dichtes, thematisch sehr vielfältiges Konferenzprogramm mit über 100 Beiträgen, gestaltet von weit über 200 aktiven Personen. Für die Veranstalter TIB und BIB war schon in Planungsphase klar, dass Kosten gemeinsam getragen werden. Die Teilnahme war kostenfrei.

Für eine Online-Konferenz im geplanten Umfang wurde ein Tool gewählt, dass sowohl den Datenschutzanforderungen entsprach wie auch die Teilnahme für Interessierte besonders niedrigschwellig ermöglichte, ohne weitreichende Installation eines Programms. Die Wahl fiel auf die Webkonferenz-Software GoToWebinar im Webcast-Format (“few to many”). In ergänzendem Einsatz der freien Software Jitsi in Nutzung des Servers von Freifunk München wurden parallel intensivere Diskussionen und informeller Austausch zwischen Referierenden und Teilnehmenden ermöglicht.Bemerkenswert war und ist es daher angesichts der Kurzfristigkeit und auch Komplexität der gewählten Software, wie neugierig, offen und flexibel sich besonders die Referierenden und Moderierenden auf die herausfordernden technischen wie organisatorischen Bedingungen eingelassen haben.  Darüber hinaus sei das besondere Engagement der Community gewürdigt, Konferenzinformationen in flexibel nutzbaren Datenstrukturen und Visualisierungen anzubieten, etwa über Scholia auf Basis von Wikidata – gepflegt über den Rahmen des täglichen, sogenannten WikiLunchs hinaus.

Die inhaltliche Breite und auch Tiefe der #vBIB20 sowie die im wesentlichen technisch gut funktionierende Umsetzung in Verantwortung des TIB-Konferenzaufzeichnungsdienstes ConRec (mit tatkräftiger Unterstützung einer Studierendengruppe der Hochschule Hannover!) stieß in der Fachcommunity auf sehr positive Resonanz. In den drei Konferenztagen konnten mehr als 3000 Anmeldungen von über 1200 verschiedenen Teilnehmenden verzeichnet werden. Erste Auswertungen der begleitenden Umfrage sowie direktes unmittelbares Feedback und insbesondere auch über Twitter (vgl. den Hashtag #vBIB20) zeugen von großer Anerkennung und ermutigen, das virtuelle Konferenzformat zu wiederholen bzw. für die Zukunft weiterzudenken.

Nachhaltigkeit über Beitragsaufzeichnungen und “Lessons Learned”

Besonders nachgefragt und positiv bewertet wurde die Aussicht darauf, möglichst viele der Beiträge nachträglich und nachhaltig im TIB AV-Portal auffinden und anschauen zu können. Mit einigem Aufwand wird daher seit Konferenzende das Rohmaterial der Aufzeichnungen geschnitten, soweit sinnvoll und notwendig zusätzlich nachbearbeitet und – sofern auch die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen – kontinuierlich in einer eigens eingerichteten #vBIB20-Videoserie veröffentlicht. Inzwischen sind bereits über dreißig Videos abrufbar. Zeitnah werden viele folgen. Ein Check auf neue Uploads lohnt sich also. Über den Twitterkanal des TIB AV-Portals wird zudem über neue #vBIB20-Veröffentlichungen informiert.

Allen Beteiligten, Organisation, Referierenden wie Moderierenden sowie besonders der Fachcommunity mit den vielen Teilnehmenden ist unabhängig davon ein großer Dank auszusprechen. Ohne das immense Engagement und die Spontaneität  einzelner in dynamischer, kollegialer Teamarbeit sowie ohne das Interesse ganz vieler Personen, wäre #vBIB20 nicht möglich gewesen – so spontan wie nachhaltig.

Dieser Blog-Post ist der kompakte Auftakt für eine detaillierte Evaluation im Sinne von #vBIB20-”Lessons Learned”. Es sind mehrere Journalbeiträge mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Vorbereitung. Mit einer möglichst transparenten Nachbereitung wollen wir gerne unsere Erfahrungen teilen. Bei Interesse ist auch ein direkter Austausch im Rahmen von virtuellen Treffen denkbar. Eine Mail an vbib20@tib.eu genügt.

Matti Stöhr arbeitet seit Mai 2020 an der TIB mit Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation besonders als Community Manager für das TIB AV-Portal. Vor allem mit Kontext (wissenschaftlicher) Film und Medien entwickelt und realisiert er im Team Projekte und wirkt in einigen Gremien mit, unter anderem im Arbeitskreis Filmbibliotheken.