Ein Professor der Zoologie aus Braunschweig als Filmschaffender

Im AV-Portal der TIB sind bisher knapp 4000 Filme aus dem Bestand des IWFs veröffentlicht worden. Einer der größten Anteile ist dem Bereich der Biologie zuzuordnen. Zahlreiche Filmemacher haben nicht nur einen, sondern mehrere Filme für das IWF erstellt. Dazu zählt auch der Zoologe Georg Rüppell (Jahrgang 1940) aus Cremlingen. Er ist Prof. em. der TU Braunschweig und hat ebenfalls Filmproduktionen für das ZDF vorzuweisen. Dabei geht es ihm immer um Phänomene in der Tierwelt wie den Vogelflug oder die Kommunikation der Libellen. Beides hat er auch seinen Büchern näher analysiert (Georg Rüppell: Vogelflug. Reinbek 1980 und zusammen mit Dagmar Hilfert-Rüppell, Gunnar Rehfeldt, Carsten Schütte: Die Prachtlibellen Europas. Westarp Verlag, Hohenwarsleben 2005). 53 seiner Filme sind auf dem AV-Portal veröffentlicht worden.
Ich hatte die Gelegenheit, mit dem Professor ein Gespräch zu führen. Dabei fließen auch meine eigenen Erfahrungen ein, die ich selber als Student an der TU Braunschweig bei Professor Rüppell sammeln durfte:

Guten Tag Herr Prof. Rüppell! Ich habe Sie als Professor in der Lehre erleben dürfen. Wegen Ihnen habe ich damals als Nebenfach Zoologie gewählt. Ich bin mir sicher, dass Sie neben mir auch weitere Studierende für das Fach begeistert haben. 

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie den Weg eingeschlagen haben Zoologieprofessor zu werden?

Die kurze Geschichte dazu ist, dass es in meiner Familie schon eine Art Tradition gab zur Zoologie. Eduard Rüppell, ein Verwandter von mir war Afrikaforscher und einer der Gründer des Senckenbergmuseums in Frankfurt. Er brachte viele naturkundliche Exponate ins Museum ein. Zudem war mein Vater Zoologe und ich führte die Tradition dann ebenfalls durch ein Studium weiter. Meine Mutter hatte meine Leidenschaft dazu schon früh erkannt und dankenswerterweise gefördert. Später habe ich dann die Professur erhalten mit Hilfe von meinen Filmen zu dem Vogelflug (Interviewstelle im Video).

Wann haben Sie mit dem Filmemachen begonnen?

Ich habe in Spitzbergen meinem Doktorvater bei seinen Filmaufnahmen geholfen. Damals habe ich begonnen, Vögel im Flug zu filmen. Auch in Zeitlupe, was damals noch ein relativ neues Vorgehen war. Über diese Filme habe ich dann Vorträge auf Tagungen halten können und mir so einen Namen in dem Forschungsbereich gemacht (Interviewstelle im Video). 

Welche Vorbilder haben Sie im Filmgeschäft?

Da kann ich den Filmemacher Heinz Sielmann (einige Stummfilme von ihm sind auch im AV-Portal zu finden) nennen, der tolle Filme gedreht hat. Er filmte zum Beispiel in einen Spechtbau von hinten herein, um zu zeigen, wie das Füttern der Küken stattfindet, und nutzte auf diese Weise die Kamera als Forschungswerkzeug. Aber auch die Serien auf BBC von David Attenborough gefielen mir sehr (Interviewstelle im Video).

Wie haben Sie den Weg ins TV-Geschäft erreichen können?

Die Zeitlupenfilme über den Vogelflug haben mir geholfen. Dazu gab es viele schöne Bilder, die das ZDF gerne genommen hat. Der Film dazu war sehr erfolgreich und wurde damals auch für den Grimme Preis angemeldet (Interviewstelle im Video).

Wann haben Sie das erste Mal vom IWF gehört? 

Schon in meinem Studium habe ich Filme vom IWF kennengelernt, da sie im Rahmen des Studiums vorgestellt wurden. Doch erst am Ende des Studiums machte ich mir Gedanken, was ich werden möchte und habe mich intensiver mit dem IWF beschäftigt. Dann habe ich hingeschrieben und wurde prompt eingeladen. Sie haben mich finanziert, um erneut nach Spitzbergen zu fahren für weitere Filmaufnahmen und später die Filme dann für gut befunden. Einer der Kameraleute am IWF hatte meine Aufnahmen mit dem sehr guten Seevogelfilmer Rittinghaus verglichen (von ihm gibt es einige Stummfilme im AV-Portal). Dadurch haben sie mich als Referenten in der Zoologie eingestellt, was ich zwei Jahre ausgeübt habe (Interviewstelle im Video).

Wie sind Sie zu den Themen Vogelflug und Libellen gekommen?

Das war ein Zufall. Ich war mit Studierenden an dem Fluss Aller auf zoologischer Exkursion. Während dieser machte mich ein Student auf die Prachtlibellen dort aufmerksam, die ich bis dato nicht sonderlich bemerkt hatte. Ich begann, sie daraufhin zu filmen und erkannte zunehmend die Kommunikationsmethode der Libellen über ihre Flügel. Etwas später weitete ich dies auf den Vogelflug aus. Nun gehöre ich mit meiner Frau Dr. Dagmar Hilfert-Rüppell zu den weltweit führenden Experten dafür (Interviewstelle im Video).

Ich bin damals in der glücklichen Lage gewesen, an einem Ihrer Seminare an der TU Braunschweig zum Thema Naturfilm teilgenommen zu haben. Der Bezug zum Film ist auch ein Grund, weshalb ich in den letzten Jahren in dem Bereich Erklärfilm tätig war, wobei ich mit Studierenden zusammen an der Universität Göttingen Erklärvideos zu Sozialpsychologie produziert habe und sogar heute für das AV-Portal tätig bin. 

Kennen Sie noch weitere ehemalige Studierende von Ihnen, die auch damit begonnen haben, nach dem Studium Filme zu drehen?

Ja, das sind etliche. Nicht immer unbedingt nur begrenzt auf Film, sondern auch Tierfotos. Ich treffe immer wieder auf Veranstaltungen und Filmfestivals einige von ihnen und bin überrascht von den fantastischen Aufnahmen (Interviewstelle im Video). 

In den letzten Wochen wurden die Ergebnisse der Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung“ vom unabhängigen Expertengremium „Rat für Kulturelle Bildung in den Medien” hervorgehoben. Ein Ergebnis der Studie lautete, dass über die Hälfte der Jugendlichen YouTube gezielt zum Lernen nutzen. 

Nutzen Sie auch gerne YouTube und wenn ja, welche Filme schauen Sie dort? Lernen Sie auch darüber Neues kennen?

Ja klar, das ist ein hervorragendes Medium für mich, um neue Dinge zu lernen. Das ist in meiner Arbeit sehr wichtig geworden, gerade, um neue technische Sachen zu verstehen. Ich erlebe das auch bei meinem 18-jährigen Sohn so (Interviewstelle im Video).

Was ist Ihr aktuelles Filmprojekt?

Meine Frau und ich arbeiten momentan mit unserem Partner doclights in Hamburg an einer Tierdoku für das ZDF, welche im nächsten Jahr erscheinen wird. Daher nutzen wir momentan jeden sonnigen Tag für die Filmaufnahmen.

Ich bin gespannt auf das Resultat. Vielen Dank für das nette Gespräch! 

Das Interview fand im Juli 2019 statt und ist in der ausführlichen Version als Podcast auf dem Blog der Fakultät für Biologie und Psychologie der Universität Göttingen erschienen. Eine Video-Version mit Bildern ist im AV-Portal zu finden.

Prof. em. Dr. Georg Rüppel . Quelle: International Congress of Odonatology – 2013, Foto: CC-BY 4.0 Dr. Wolfram Adelmann (ANL)

Prof. em. Dr. Georg Rüppell, Jahrgang 1940, gehört dem Zoologischen Institut der TU Braunschweig an. Er hat mit Zeitlupenaufnahmen die Kommunikation vieler Libellen, insbesondere Prachtlibellen sowie den Vogelflug erforscht. Er kann auf viele Forschungsreisen und wissenschaftliche Artikel zurückblicken. Er arbeitet an den Themen mit seiner Frau Dr. Dagmar Hilfert-Rüppell (auch TU Braunschweig) zusammen, die dort unter anderem in der Lehramtsausbildung aktiv ist.

Eine Übersicht über die Filmografie von Prof. em. Rüppell gibt es hier.

Das TIB AV-Portal ist ein Portal für wissenschaftliche Videos insbesondere aus Technik sowie Architektur, Chemie, Informatik, Mathematik und Physik. Zu den Videos gehören unter anderem Computervisualisierungen, Lernmaterialien, Simulationen, Experimente, Interviews, Videoabstracts, Vorlesungs- und Konferenzaufzeichnungen. Das Portal verwendet diverse automatische Videoanalysen, die es ermöglichen zielgenau im Videoinhalt zu suchen. Der Medienbestand des ehemaligen IWF wurde im November 2012 auf die TIB übertragen.

... arbeitet im Lab Nicht-Textuelle Materialien (NTM) der TIB als Community-Mangager für das AV-Portal