Ein Bericht über ein Auslandpraktikum an der Yale Law Library

Während meines Bibliotheksreferendariates an der TIB hatte ich die Möglichkeit unterschiedliche juristische Spezialbibliotheken, wie zum Beispiel die Bibliothek des Bundesgerichtshofs näher kennenzulernen. Da ich meine Erfahrungen jedoch nicht nur auf Bibliotheken in Deutschland beschränken wollte, begab ich mich auf die Suche nach einem Auslandspraktikum. Bei meinen Recherchen bin ich auf die Lillian Goldmann Law Library in Memory of Sol Goldman (Yale Law Library) in New Haven gestoßen und mich hat folgender Ausschnitt aus den Grußworten der Direktorin besonders fasziniert:

The vision of the Lillian Goldman Law Library is “to be the best academic law library in the world.”

Diese Aussage nahm ich zum Anlass um mit der Leitung der Bibliothek Kontakt aufzunehmen. Nach einigen E-Mails stand zwischen mir und dem Praktikum nur noch ein Videointerview mit der Leitung und zwei weiteren Mitarbeitern der Bibliothek. Im Anschluss an dieses erhielt ich dann erfreulicherweise direkt die Zusage für ein sechswöchiges Praktikum.

Da ein sechswöchiger Aufenthalt in den USA jedoch nicht ganz günstig ist, war ich über den Hinweis einer möglichen Förderung des Auslandsaufenthalts für deutsche Bibliotheksfachleute über Bibliothek & Information International (BII) sehr dankbar. Der BII ist die ständige Kommission von Bibliothek & Information Deutschland (BID), der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände und hat zum Ziel, die Kooperation und Kontaktpflege, den Erfahrungsaustausch und die persönliche Begegnung zwischen Bibliotheks- und Informationsfachleuten des In- und Auslandes zu aktivieren und voranzubringen.

Der Antrag für die Förderung eines Fachaufenthalts erfolgte über ein Online- Formular und für diesen muss unter anderem ein Lebenslauf und ein Motivationsschreiben eingereicht werden. Wichtig ist hierbei, dass die Anträge spätestens sechs Wochen vor Antritt der Reise beim BII vorliegen müssen.

Erfreulicherweise habe ich bereits nach kurzer Zeit eine Zusage auf eine finanzielle Unterstützung erhalten und nun stand meinem Auslandspraktikum nichts mehr im Weg.

Im August/ September 2018 war es schließlich soweit und ich machte mich auf den Weg zur Yale Law Library. Ein besonderer Schwerpunkt der Sammlung der Yale Law Library liegt im Bereich des ausländischen und internationalen Rechts. Diese Sondersammlung umfasst Quellen aus fast allen europäischen Ländern. Während meines Aufenthalts wurde ich von den Mitarbeitern des Research Service Departements betreut. Die Besonderheit dabei war, dass alle Mitarbeiter dieser Abteilung ein abgeschlossenes juristisches Studium und einen Master in Library and Information Science haben. Der größte Unterschied zu einer deutschen Universitätsbibliothek war für mich zunächst die große Anzahl von Mitarbeitern in diesem Bereich, wodurch insbesondere im Bereich der Auskunft auch umfängliche Rechercheanfragen bearbeitet werden können.

Auf meinen Wunsch hin, wurde ich von Beginn meines Praktikums an dem Foreign and International Law Departement zugewiesen, welches für den Bereich des Ausländischen und Internationalen Rechts zuständig ist. Während meines Aufenthalts habe ich dort mehrerer kleine und ein größeres Projekt bearbeiten dürfen.

Neben der Aktualisierung der Wand der Neuerscheinungen im Eingangsbereich des Foreign and International Law Departements, der Vorbereitung einer Ausstellung zum Thema “Lanquages and Law” und dem Halten eines Vortrags zum Thema „Librarianship and Law in Germany“ mit den Schwerpunkten auf dem Bereich der juristischen Ausbildung und dem Ablauf des Bibliotheksreferendariats, war mein größtes Projekt die Mitarbeit in der Bestandsentwicklung im Bereich des Foreign and International Law. Nach einer Bestandsaufnahme der Bestände im Bereich des Deutschen Rechts und einer gründlichen Durchsicht der Bestände, ging es zunächst um die Identifizierung von Titeln die ins externe Magazin verlagert werden können. Gleichzeitig erstellte ich während der Durchsicht des Bestandes eine Liste mit ausführlichen Informationen für die zukünftigen Erwerbungsentscheidungen. Da sich das Deutsche Rechtssystem grundlegend vom Amerikanischen Rechtssystem unterscheidet, war die Erwerbung von Literatur zum Deutschen Recht in der Vergangenheit für die amerikanischen Bibliothekare nicht immer ganz einfach gewesen. Ein großer Unterschied ist zum Beispiel, dass Lehrbücher im juristischen Studium in den USA fast keine Rolle spielen. Dies führte dazu, dass bisher im Bereich des Deutschen Rechts kaum Lehrbücher, dafür aber verstärkt Kommentare erworben wurden.

Insgesamt hat mir der Aufenthalt einen sehr tiefen Einblick in ein Bibliothekssystem gegeben, der mit einer deutschen Wissenschaftlichen Bibliothek zwar viele Ähnlichkeiten aufweist, mir jedoch durch die unterschiedliche Schwerpunktsetzung insbesondere im Bereich der Auskunft und der Lehre sehr viele Anregungen mitgegeben hat. Einen Auslandsaufenthalt während des BIbliotheksreferendariats kann ich aus diesem Grund uneingeschränkt empfehlen.

Wer noch mehr über mein Praktikum erfahren möchte findet hier den ausführlichen Praktikumsbericht den ich für das BII geschrieben habe:

... ist Bibliotheksreferendarin an der TIB