Qualitätssicherung in der Wissenschaft durch Offenen Peer Review

Im Blogbeitrag Peer Review: Mittel gegen „Fake Science“ wurden verschiedene Arten des Peer Review erklärt und manche der Grenzen des Peer Review beschrieben. Unter Wissenschaftlern werden diese Grenzen aktiv diskutiert und es wird nach Wegen gesucht, wie der Peer Review selbst verbessert werden kann.

Einer der Vorschläge zur Verbesserung, der diskutiert und auch teilweise schon in der Praxis umgesetzt wird, folgt der Grundidee, das eine höhere Transparenz des Peer-Review-Prozesses auch die Qualität der Gutachten und der darauf beruhenden Entscheidung, ob ein wissenschaftlicher Artikel veröffentlicht werden sollte, verbessert. Dafür können z.B. die folgenden Argumente angeführt werden.

  • Werden Peer-Review Gutachten öffentlich gemacht, zum Beispiel auf den Webseiten der entsprechenden Zeitschrift, dann ist es für Leser des Artikels nachvollziehbar, ob angemessene wissenschaftliche Kriterien bei der Begutachtung zugrunde gelegt wurden. Fehler oder Lücken bei der Begutachtung werden dadurch leichter von Kollegen bemerkt.
  • Oberflächliche Gutachten fallen negativ auf, wenn sie öffentlich zugänglich sind. Falls eine wissenschaftliche Zeitschrift regelmäßig Artikel publiziert, die nur oberflächlich begutachtet wurden, dann schlägt sich das negativ auf das Ansehen der Zeitschrift nieder, und dadurch auf die Relevanz der Zeitschrift für den wissenschaftlichen Diskurs. Insbesondere können auf diese Weise Zeitschriften entlarvt werden, die „Fake Science“ publizieren.
  • Werden zudem auch noch die Namen der Gutachter mit den Gutachten veröffentlicht, dann tritt die Qualität des Peer-Review-Prozesses noch klarer zutage. Es wird dann z.B. nachvollziehbar, ob die Gutachter einschlägige Wissenschaftler sind, die selbst an dem Thema des begutachteten Artikels forschen.
  • Durch eine Veröffentlichung der Namen der Gutachter zusammen mit den Gutachten wird auch die Motivation für die Gutachter erhöht, qualitativ hochwertige Gutachten zu schreiben, da minderwertige Gutachten das Ansehen des Gutachters under Wissenschaftskollegen schädigen würden.

Als ich vor knapp 10 Jahren zusammen mit meinem Kollegen Krzysztof Janowicz die neue Zeitschrift „Semantic Web“ beim IOS Press Verlag gründete, entschieden wir uns von Anfang an für offenen und transparenten Peer Review. Bei der detailierten Definition unseres Peer-Review-Prozesses beachteten wir bekannte Kritikpunkte am offenen Modell und wie wir ihnen begegen konnten. Z.B. wird manchmal kritisiert, dass es bei einem offenen Modell für Nachwuchswissenschaftler schwierig wäre, kritische Gutachten für Einreichungen von einflussreichen Wissenschaftlern zu schreiben. In unserem Modell ist es daher möglich, dass ein Gutachter anonym bleibt – allerdings wird von dieser Möglichkeit bei unserer Zeitschrift davon nur wenig Gebrauch gemacht.

Durch den neu definierten offenen und transparenten Peer-Review-Prozess war unsere neue Zeitschrift gleichzeitig ein Experiment. Wir wollten zeigen, dass es möglich ist, dass eine neue Zeitschrift sich trotz eines offenen und transparenten Peer-Review-Prozesses zu einer einschlägigen Zeitschrift in ihrem Fachgebiet entwickeln kann. Vor zwei Jahren konnten wir dann zweifelsfrei zeigen, dass das Experiment erfolgreich war, nämlich als wir bei einem international anerkannten Qualitätsmaß für wissenschaftliche Zeitschriften – dem „Impact Factor“ – den höchsten Wert unter allen „Web“-Zeitschriften erhielten. Diesen Platz halten wir seitdem inne.

Nicht nur zur Entlarvung von „Fake Science“, sondern auch allgemeiner zur fortschreitenden und nachhaltigen Qualitätssicherung in der Wissenschaft ist es notwendig, dass Wissenschaftler gegenüber ihren eigenen Methoden der Qualitätssicherung kritisch bleiben und sie im Laufe der Zeit verändern. Peer Review ist über 300 Jahre alt und stammt somit aus einer Zeit in der die Welt der Wissenschaft in einen anderen gesellschaftlichen Rahmen eingebettet war. Es ist also nur natürlich, dass sich mit der Gesellschaft und dem wissenschaftlichen Publikationsprozessen auch die wissenschaftliche Qualitätssicherung modernisiert. Entscheidend dafür ist, dass die Wissenschaft diese Qualitätssicherung selbst zum Thema macht und wissenschaftlich untersucht.