Nachgeprüft: #FakeScience
Kennen Sie diese Gelegenheiten, bei denen man sich am liebsten nur zurücklehnen und zuschauen möchte, wie ein gut eingespielter Mechanismus anläuft und seine Wirkung entfaltet?
Seit dem vergangenen Donnerstag redet Deutschland über „Fake Science“. Ein Recherchepool verschiedener Medien hat zu “Predatory Journals” und “Predatory Conferences” recherchiert, die Ergebnisse mediengerecht aufbereitet und platziert. Seitdem ist das Thema auf allen Kanälen. Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen berichten exklusiv über unseriöse Praktiken in und um Wissenschaft und Forschung. Von Lügenmachern, Pseudowissenschaft und Betrug ist die Rede. Hochschulleitungen und Wissenschaftseinrichtungen arbeiten an Statements und Schadensbegrenzung. Gleichzeitig wird die Kritik an der journalistischen Aufarbeitung lauter: undifferenzierte Analysen, skandalheischender Impetus, gleichermaßen unseriöse Vorgehensweise lauten die Vorwürfe. Spekulationen über einen Zusammenhang mit den DEAL-Verhandlungen machen die Runde.
Lassen Sie uns eines klar festhalten:
Das Thema ist wichtig. Wir alle können es nur begrüßen, dass Probleme im wissenschaftlichen Kommunikationsprozess offen angesprochen und engagiert diskutiert werden. Sie hängen mit Grundbedingungen des Wissenschaftssystems zusammen: den geteilten Funktionen, die das Kommunizieren und Publizieren erfüllen muss; mit der Auslagerung von Organisation und Verantwortung an private Unternehmen und dem Gewinn, der sich damit erzielen lässt; und nicht zuletzt mit der Digitalisierung, die fragwürdigen Geschäftspraktiken eine ganz neue Reichweite ermöglicht.
Das Thema ist außerdem komplex. An der aufgeregten Berichterstattung und den nicht weniger aufgeregten Reaktionen darauf fiel besonders auf, wie schwer es offensichtlich ist, dem gerecht zu werden.
Wir sind eine Wissenschaftseinrichtung – was können Sie von uns erwarten?
In den kommenden Tagen wollen wir uns in diesem Blog tatsächlich etwas zurücklehnen und dabei #Fake Science in Ruhe betrachten. Dies sind unsere Themen in loser Folge:
- Wie funktionieren Predatory-Angebote?
- Das betrifft mich nicht – oder? Drei sichere Wege zum guten Journal
- Aufklärung ist wichtig. Kritische Punkte in der Berichterstattung
- Wo es wirklich kritisch wird: Prüfsiegel für Fehler, Hoax, Instrumentalisierung?
- Peer Review: Mittel gegen Fake Science?
- Finanzielle Aspekte: Das Geld im System
- Wie reagiert die Wissenschaft?
- Qualitätssicherung beim Bestandsaufbau in Bibliotheken
„… arbeitet im Referat Lizenzen und betreut dort Angebote und Aktivitäten zur Open-Access-Finanzierung
Es ist interessant, wie ein geläufiges Phänomen seinen Beigeschmack ändert, wenn es durch die Medien gespiegelt wird.
Ich hatte die Wahrnehmung, dass – bis auf NeulingInnen – alle die nervenden Einladungen kennen und stets umgehend wegklicken. Wie sich Pferde den ganzen Tag gegen Fliegen wehren. Wenn jemand wirklich reingefallen war, hatte er/sie die Lacher auf seiner Seite.
Die Medien nun übertreiben und verengen z. T., machen aber auch stärker bewusst, das hier durchaus eine systemische Krankheit vorliegt, und die Selbstreinigungskräfte der Wissenschaft Stärkung verdienen!
Am gefährlichsten erscheint mir das Phänomen im Bereich “Transfer”, wo LeserInnen außerhalb der scientific community wirklich auf’s Glatteis geführt werden, und zwar vorsätzlich!
Möge die Aufregung neben dem Imageschaden auch positive Folgen (awareness etc.) haben!