Elefant von rechts – Zum 65. Geburtstag der Encyclopaedia Cinematographica

Ein Beitrag zum Welttag des audiovisuellen Erbes 2017

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Ein Elefant geht im Schritt von rechts nach links
Ein Elefant geht im Schritt von rechts nach links. Screenshot aus dem ersten Film der Encyclopaedia Cinematographica. (https://doi.org/10.3203/IWF/E-1)

Ein Elefant geht im Schritt von rechts nach links.

Das ist der Inhalt des ersten Films der Encyclopaedia Cinematographica, kurz EC, die in diesen Tagen ihren 65. Geburtstag feiert. Der Titel dieses Films, der die IWF-Signatur E1 trägt, lautet “Elephas maximus – Schritt”. Und genau das zeigt der Film: ein asiatischer Elefant geht im Schritt von rechts nach links; zunächst ein männlicher, dann ein weiblicher Elefant. Diese Schlichtheit erstaunt und fasziniert den Betrachter gleichermaßen. Dieser sachliche Minimalismus ist Ausdruck der zentralen Idee der Encyclopaedia Cinematographica, war wissenschaftliche Methode wie auch stilbildende Gestaltungsform. Die EC sollte, so die Idee ihres Begründers Gotthard Wolf – zugleich Gründungsdirektor des Instituts für den Wissenschaftlichen Film (IWF) –  eine filmische Enzyklopädie sein, in der jeder Eintrag aus einem monothematischen Film zum jeweiligen Stichwort (z.B. Elefant-Gangart-Schritt) besteht.

Als weitere frühe zoologische EC-Filme finden sich „Bison bison – Schritt“ und „Thalarctos maritimus – Schritt“. Dies erlaubt den Vergleich der Gangarten von Bison, Eisbär und Elefant. Doch nicht nur in der Biologie, auch in der Ethnologie und der Technik entstanden EC-Filme, um der vergleichenden Forschung von Bewegungsvorgängen, Phänomenen und Praktiken zu dienen.

Die monothematische Natur der Filme erlaubt es, sie in Form einer Matrix anzuordnen. In der Werkstoffkunde entspricht jede Zeile einem Werkstoff und jede Spalte einem veränderlichen Parameter beim Zerspanen. So kann das Verhalten verschiedener Werkstoffe beim Zerspanen bei gleichzeitiger Variation unterschiedlicher Parameter wie Schnittgeschwindigkeit, Spanwinkel und -dicke verglichen werden.

Spanungsdicke Schnitt-
geschwindigkeit
Spanwinkel
Aluminium-Legierung AlCuMgPb

10.3203/IWF/E-1404

10.3203/IWF/E-1527

10.3203/IWF/E-1815

Stahl 16 MnCr 5

10.3203/IWF/E-1623

10.3203/IWF/E-1622

Stahl C 45 W 3

10.3203/IWF/E-1814

10.3203/IWF/E-1934

10.3203/IWF/E-1951

Die Ethnologie hat 1500 EC-Filme hervorgebracht. Dazu kommen weitere ethnologische Filme der IWF-Sammlung. Sie repräsentiert einen Produktionszeitraum von 100 Jahren ethnologischer Filmgeschichte, mit den frühesten Beispielen vom Anfang des 20. Jhs. (z.B. Aus dem Leben der Taulipang in Guayana – Filmdokumente aus dem Jahre 1911)  und den 1960er bis 1980er Jahren als der ertragreichsten Periode.

In der Ethnologie sind bestimmte Vorgänge und Tätigkeiten (z. B. bäuerliches Brotbacken oder Fischfang) in verschiedenen Kulturen parallel dokumentiert worden. Der thematische Bogen der ethnologischen Filme ist weit gespannt: von der materiellen Kultur, Wirtschaft, Handwerk über die Künste – insbesondere Musik und Tanz – bis hin zu Brauchtum, Ritus, Religion oder Heilkunde. Weltweit und über die Kontinente verteilt sind auch die Schauplätze, mit Aufnahmen unterschiedlichster Volksgruppen und Ethnien. Neben der europäischen Ethnologie (Volkskunde) finden sich Sammlungsschwerpunkte zu Afrika (Tschad, Elfenbeinküste), Asien (China), Südamerika (Brasilien) und Ozeanien (Papua-Neuguinea).

Einige der im AV-Portal zur Verfügung stehenden Ethnologiefilme aus dem Bestand des IWF.

Da jedoch der überwiegende Teil dieser Filme analog vorliegt, steht bislang erst ein kleiner Teil dieser Filme im AV-Portal zur Verfügung. Umso erfreulicher, dass dieser ungehobene Schatz des audiovisuellen Erbes nun im Rahmen des BMBF geförderten Projekts DELFT (Digitalisierung EthnoLogischer FilmbesTand) digitalisiert, erschlossen und – soweit rechtlich möglich – im AV-Portal bereitgestellt wird.

Am heutigen Welttag des audiovisuellen Erbes unter dem Motto „Discover, remember and share“ möchten wir, im Sinne dieses Dreiklangs, die Erinnerung an die großartige Unternehmung einer Encyclopaedia Cinematographica teilen und dazu einladen, die EC wieder neu zu entdecken.

... arbeitet im Kompetenzzentrum für nicht-textuelle Materialien (KNM).