Preprint Server in den Biowissenschaften

Preprints sind in den Biowissenschaften längst nicht so bekannt wie beispielsweise in der Physik. Woran liegt das und welche Veränderungen gibt es vielleicht schon?

Zwischen Manuskripteinreichung und tatsächlicher Veröffentlichung in den Biowissenschaften können manchmal Jahre verstreichen. Doch dieser Weg schien bisher unumgänglich, um Forschern die entsprechende Aufmerksamkeit in ihren Communities zu verschaffen.  Aus diesem Grund hat sich 2015 die Initiative ASAPbio gebildet, die Preprints für Biologen fördern möchte. Erste Anzeichen lassen den Schluss zu, dass datenintensive Bereiche, wie Bioinformatik oder Genomik, mittlerweile vermehrt Preprints posten.

Die Gründe für die noch nicht so verbreitete Bereitstellung und Nutzung von Preprints sind laut Callaway & Powell zum einen Vorurteile (Konkurrenz zu anderen Forschern, Qualität der Arbeiten) zum anderen die geringe Bekanntheit. ASAPbio arbeitet daher daran, Preprints bekannter zu machen, Vorurteile abzubauen und Preprint im Forschungsprozess zu verankern.

Um diese Ziele zu erreichen, führte ASAPbio bereits mehrere Workshops durch und stellt grundlegende Informationen zu Preprints bereit.

[youtube url=“https://youtu.be/2zMgY8Dx9co“]

Die Meinungen über Preprints gehen in den Biowissenschaften teils sehr auseinander. Während die eine Gruppe meint, dass die Qualität sinken wird, wenn massenweise nicht peer-reviewte Artikel verbreitet werden, meinen andere, dass gerade die frühe Sichtbarkeit dazu führt, dass die Forscher genau auf die Qualität achten werden, da sie öffentlich kritisiert werden könnten.

Viele Journals erlauben mittlerweile das Posten der Artikel auf einem Preprint-Server vor der endgültigen Veröffentlichung. Bei Wikipedia und SHERPA/RoMEO kann nachgelesen werden, um welche Journals es sich dabei handelt.

Welche Möglichkeiten gibt es derzeit Preprints in den Biowissenschaften zu posten?

Hier fällt zunächst der Blick auf den schon mehrfach im TIB-Blog beschriebenen Preprint-Server arXiv. In der Kategorie Quantitative Biology mit  insgesamt 10 Unterkategorien stellt arXiv jedoch nur Arbeiten aus einem Teilbereich der Biologie online. Während zu Beginn im Jahr 2003 nur 169 Artikel in diesem Bereich gepostet wurden, stieg der Anteil kurz darauf stetig an und überwand 2012 zum ersten Mal die Zahl von 1000 Postings. Seither wächst der Bestand um etwa 1400 bis 1600 neue Artikel pro Jahr.

Ein fachlich umfangreicheres Angebot findet sich dagegen auf bioRxiv,  einem frei zugänglichen Preprint-Server der gesamten Biowissenschaften. Cold Spring Harbor Laboratory (CSHL),  eine bereits 1890 gegründete Forschungsinstitution, mit den Forschungsschwerpunkten Krebsforschung, Neurobiologie, Pflanzengenetik, Genomik sowie Bioinformatik, betreibt diesen Server seit November 2013. Durch das Hochladen werden die Manuskripte sofort verfügbar und können in der Wissenschaftsgemeinschaft diskutiert werden. Die Autoren erhalten auf diesem Weg Feedback, noch bevor sie die Artikel in entsprechenden Journals eingereicht haben.

[youtube url=“https://youtu.be/EwAMtT3ZIpg“]

Hochgeladene Arbeiten werden weder peer-reviewed oder editiert. Alle Artikel werden aber auf nicht-wissenschaftliche oder beleidigende Inhalte bzw. Plagiate überprüft. Eine Bewertung der verwendeten Methoden, Hypothesen oder Ergebnisse oder der wissenschaftlichen Qualität erfolgt nicht. bioRxiv behält sich jedoch vor, Arbeiten die nicht den ethischen Grundsätzen entsprechen, zu löschen. Hierbei sind Arbeiten mit Tierversuchen oder Klinische Studien gemeint.

Autoren können jederzeit eine überarbeitete Version auf bioRxiv hochladen, solange der Artikel noch nicht für eine Veröffentlichung akzeptiert wurde. Sobald ein Artikel gepostet wurde, ist er mittels Digital Object Identifier (DOI)  zitierbar und kann daher nicht gelöscht werden. Das Hochladen eines Artikels kann vor oder gemeinsam mit der Einreichung in einem Journal erfolgen. Bereits in einem Journal veröffentlichte Artikel können nicht bei bioRxiv eingestellt werden.

bioRxiv deckt das gesamte Feld der Lebenswissenschaften ab. Hochgeladene Artikel müssen einer der derzeit 27 Fach-Kategorien zugeordnet werden. Zur Auswahl stehen dabei bspw. Biochemie, Biotechnologie, Molekularbiologie, Pflanzenbiologie oder auch Synthetischen Biologie.

Artikel aus den Bereichen Physik, Mathematik oder Sozialwissenschaften sollen auf bioRxiv nur gepostet werden, wenn sie einen direkten Bezug zu den Lebenswissenschaften haben. Sofern dies nicht der Fall ist, soll der Artikel bei anderen Servern wie arXiv oder socArXiv gepostet werden.

Neben den bereits genannten fachlichen Kategorien werden die Arbeiten in sogenannte Artikel-Kategorien eingeteilt: Die Kategorie „New Results“ enthält neue Ergebnisse, die einen Fortschritt darstellen. Artikel in der Kategorie “Confirmatory Results“ replizieren vorhandene Arbeiten und bestätigten deren Ergebnisse. „Contradictory Results“ beruhen ebenfalls auf der Replikation, widersprechen aber im Ergebnis der ursprünglichen Arbeit.

Leser können die geposteten Artikel öffentlich kommentieren, wobei bioRxiv sich eine Moderation vorbehält. Auch der direkte Kontakt zwischen Leser und Autor ist möglich.

Durch die Veröffentlichung auf bioRxiv stimmen die Autoren Text Mining Verfahren zu und müssen sich für eine Lizenz, unter welcher der Artikel zur Verfügung steht, entscheiden. Zur Auswahl stehen  CC-BY, CC-BY-NC, CC-BY-ND, CC-BY-NC-ND, oder no reuse. Die Verwertungsrechte bleiben bei den jeweiligen Autoren.

Neue Preprints werden auf Twitter gemeldet bzw. in passenden Unterkategorien bekannt gegeben:

Stand 31. März 2017 wurden seit Beginn 9479 Arbeiten auf bioRxiv bereitgestellt. Derzeit wächst der Server um mehr als 620 Artikel pro Monat.

Wachstum von bioRxiv von November 2013 bis Februar 2017

Sobald ein Artikel endgültig in einem Journal veröffentlicht wurde, erhält das Preprint automatisch ein Update und wird mit dem publizierten Beitrag verlinkt.

bioRxiv-Preprint mit Verlinkung zur Veröffentlichung

Als Service bietet bioRxiv außerdem an, hochgeladene Artikel an Journals weiterzuleiten. Autoren sparen sich so das nochmalige Hochladen auf der Homepage des Journals bzw. dem entsprechenden Peer-Review Service. Auch die Autorendaten selbst werden weitergegeben. Die Seite http://biorxiv.org/submit-a-manuscript enthält eine Liste der Journals, die diesen Service nutzen.

Ein weitere Plattform für Preprints in den Biowissenschaften und Medizin ist PeerJ PrePrints. Hochgelandene Artikel / Entwürfe werden ähnlich wie bei bioRxiv einer groben Qualtiätskontrolle unterzogen und stehen dann online zur Diskussion. Alle Preprints erhalten einen DOI und werden mittels CLOCKSS langzeitarchiviert.

Sobald der Artikel endgültig fertiggestellt ist, kann er an PeerJ zur Veröffentlichung weitergereicht werden. PeerJ ist ein open access peer-reviewed Journal für die Biowissenschaften und Medizin. Die Preprints können aber auch in einem anderen Journal veröffentlicht werden, sofern dies einen PeerJ Preprint zur Veröffentlichung annimmt. Für die Veröffentlichung in PeerJ fallen für Nicht-Mitglieder APC (article processing charges) an. Dies gilt auch für Co-Autoren. Die Bereitstellung als Preprint ist keine Voraussetzung für die Veröffentlichung in PeerJ.

PeerJ Preprints stellt die Artikel unter der Lizenz  Creative Commons CC-BY 3.0 bereit und ist für alle Mitglieder kostenfrei. „Basic“, „Enhanced“ und „Premium“ Mitglieder können eine unbegrenzte Anzahl an Preprints posten, freie Mitglieder dürfen nur ein Preprint pro Jahr hochladen. Die Mitgliedschaft beinhaltet ein („Basic“) bis fünf („Premium“) peer-reviewed Veröffentlichungen innerhalb von 12 Monaten.

Callaway & Powell berichten in ihrem Nature News Beitrag übrigens auch von dem Beispiel der Neurobiologin Leslie Vosshall, Rockefeller University in New York City: Alle ihre Preprint-Artikel sind in konventionellen Journals meist unverändert veröffentlicht worden. Daher stellt sie die radikale Frage, warum wir eigentlich überhaupt noch Journals brauchen.

ist Fachreferentin für Biologie, Gartenbau, Umwelttechnologien und Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Informationsbibliothek (TIB) und zuständig für die Ausbildungskoordinierung (höherer Dienst).