Große Zustimmung zu Open Access und Open Science in der EU

In einer großen Umfrage mit mehr als 20.000 Teilnehmenden haben Jeroen Bosman und Bianca Kramer von der Universitätsbibliothek Utrecht Trends in der wissenschaftlichen Kommunikation untersucht. Zwei einfache Multiple-Choice-Fragen betrafen Open Access und Open Science. Diese wurden in Vorbereitung für die EU Open Science Conference Anfang April in Amsterdam in Hinblick auf die EU ausgewertet und die Ergebnisse hier präsentiert. Von den 20.663 Teilnehmenden kamen 10.297 aus den Ländern der Europäischen Union, darunter waren wiederum 7358 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Auf die Fragen „Unterstützen Sie die Ziele von Open Access?“ und „Unterstützen Sie die Ziele von Open Science?“ antworteten 87 bzw. 79 % mit ja und lediglich 4 bzw. 5 % mit nein, der jeweilige Rest entfiel auf „weiß nicht“.

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Aufgeschlüsselt nach Ländern gibt es die größte Zustimmung zu Open Access in Malta mit 100 %, die geringste in Zypern mit 69 %. Bei 8 bzw. 13 Befragten dürfte sich die Aussagekraft für diese Länder jedoch in Grenzen halten. Deutschland liegt genau im EU-Schnitt von 87 %.
Für Open Science gibt es die größte Zustimmung in Slowenien mit 96 % und die geringste wiederum in Zypern mit 69 %. Auch hier sind die Zahlen aufgrund der geringen Zahl an Antworten wenig repräsentativ. Deutschland liegt bei dieser Frage mit 76 % Zustimmung etwas unter dem EU-Schnitt von 79 %.

Die große Zustimmung zu Open Access und Open Science ist erfreulich, insbesondere, da manchmal der Eindruck entsteht, dass es sich dabei um Entwicklungen handelt, die von Förderorganisationen, der Politik oder Bibliotheken und weniger von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst gewünscht sind. Dennoch bleibt eine große Diskrepanz zwischen dem formalen Bekenntnis zu Open Access und dem konkreten Handeln. Genaue Zahlen sind schwierig zu eruieren, und vor allem gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Fachgebieten, aber an die 80 bis 90 % kommt der Anteil von Open-Access-Veröffentlichungen bestenfalls in einigen wenigen Fachgebieten wie der Hochenergiephysik heran, in manch anderen dürfte er nur unwesentlich über Null liegen. Erklären lässt sich die Diskrepanz wohl mit den vermeintlichen und tatsächlichen Einschränkungen und Zwängen, denen sich viele ausgesetzt sehen, sei es, dass es in einem Fachgebiet kaum etablierte Open-Access-Zeitschriften oder Repositorien gibt, sei es, dass großer Wert auf Publikationen in nicht frei zugänglichen High-Impact-Journals gelegt wird. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zeigt sich auch schön in einem immer wieder gehörten Kommentar bei unseren Informationsveranstaltungen in der Art: „Open Access finde ich eigentlich sehr gut, aber…“

Um dem „aber…“ die Grundlage zu entziehen und den Lippenbekenntnissen auch leichter Taten folgen zu lassen, hat die TIB Angebote zur Finanzierung von Open Access und für frei zugängliche Erst- und Zweitveröffentlichungen. Außerdem beraten wir zu allen Aspekten rund ums Publizieren und Open Access. Auf lange Sicht wird man aber nicht darum herumkommen, Fachzeitschriften im großen Stil auf Open Access umzustellen, wozu erst kürzlich zahlreiche internationale Wissenschaftsorganisationen aufgerufen haben.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB und ist insbesondere für Beratung und Schulungen zum Thema Open Access zuständig.