UCD-Werkzeugkasten – In welcher Projektphase welche Methode?

Im ersten Artikel unserer Blogreihe haben wir geklärt, was User Centered Design eigentlich ist und wie ein UCD-Prozess aussieht.

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns nun mit der Frage, welche Methoden am Besten geeignet sind die Bedarfe Ihrer Nutzer zu ermitteln, neue Services zu entwickeln oder Probleme aufzudecken. Für die Evaluation steht ein prall gefüllter Werkzeugkasten zur Verfügung. Doch so wie Sie nicht zum Hammer greifen, wenn Sie ein Loch bohren wollen, hat jede Methode ihr spezifisches Einsatzgebiet. Die nachfolgende Methodenübersicht ist längst nicht vollständig. Es gibt um die 100 unterschiedliche Methoden! Die Tabelle gibt Ihnen aber, wie wir finden, einen guten Überblick über häufig genutzte, gängige Methoden.

Die Tabelle gibt einen Überblick über eine Auswahl von UCD-Methoden und in welcher Projektphases des UCD-Prozesses sie typischerweise zum Einsatz kommen.

Aufgabenanalyse

Die Aufgabenanalyse beantwortet die Frage, wie Nutzer eine bestimmte Aufgabe lösen. Dafür werden typische Nutzungsaufgaben in Teilaufgaben zerlegt. Die Bestellung eines Buches aus dem Online-Katalog der Bibliothek ließe sich beispielsweise in die Teilaufgaben

  1. Buch auswählen,
  2. Verfügbarkeit prüfen
  3. Bibliotheksausweisnummer und Passwort eingeben,
  4. Bestelldaten prüfen,
  5. Bestellung absenden unterteilen.

Für die Aufgabenanalyse werden

  • die zu erreichenden Ziele,
  • die dafür zu erfüllenden Bedingungen,
  • die Reihenfolge einzelner Unterschritte,
  • die benötigten Informationen zur Lösung sowie
  • die beteiligten Aktionen oder Objekte dokumentiert.

Fokusgruppen

Fokusgruppen sind moderierte Gruppendiskussionen mit Nutzern. Im Fokus der Diskussionsrunde stehen

  • die Nutzung und Nutzungserfahrung mit einem bestehenden Produkt (wann, wie häufig, zu welchen Gelegenheiten, mit welchen Zielen)
  • Erwartungen, Wünsche und Ideen an ein überarbeitetes, optimiertes Produkt,
  • die Diskussion von ersten Entwürfen, Konzeptideen oder Prototypen sowie
  • das Durchspielen und diskutieren typischer Aufgaben und Arbeitsabläufe.

Fokusgruppen können dem Entwicklungsteam neue Ansätze für die Konzeption liefern, fördern das Verständnis für die Zielgruppen der Anwendung. Fokusgruppen sind zudem ideal um die Akzeptanz neuer Features und Technologien auszuprobieren.

Personas (Benutzertypen)

Personas sind eine archetypische Beschreibung von Zielgruppen, die eine Dienstleistung oder eine Webseite typischerweise nutzen. Mit Hilfe von Personas werden Nutzungsmotive, Informationspräferenzen, Wissen, Kenntnisse oder Fähigkeiten einzelner Nutzergruppen dokumentiert. Während des Designprozesses helfen sie den Endnutzer „im Auge zu behalten“. Auf Grundlage der Personas werden Funktionen und Designalternativen der Entwürfe bewertet und priorisiert. Fokusgruppen sind häufig auch die Basis für die Ausarbeitung von Personas.

Use-Cases (Anwendungsfälle)

Mit Hilfe von Use-Cases werden typische Nutzungsszenarien für die Verwendung der Anwendung beschrieben. Anwendungsfälle werden in der Konzeptionsphase entwickelt und dienen in späteren Phasen der Entwicklung als Kontrollinstrument, inwieweit definierte Anforderungen erfüllt wurden.

Card-Sorting

Die Methode hilft zu verstehen, in welche natürlichen Kategorien die Nutzer die unterschiedlichen Bereiche einer Anwendung gliedern würden. Insbesondere wenn mehrere alternative Organisationsmöglichkeiten denkbar wären, ist Card-Sorting eine hilfreiche Methode, um eine logische und benutzerfreundliche Navigations- oder Menüstrukturen zu entwickeln.

Mockups – Wireframes – Prototyping

Mockups sind erste Skizzen zu Einzelseiten einer Anwendung. Sie werden verwendet, um die optische Gestaltung zu verfeinern und erleichtern die Kommunikation zwischen dem Entwicklungsteam. Während des Konzeptionsprozesses werden diese Skizzen immer weiter verfeinert und ausgearbeitet. So entstehen Wireframes, die mit Hilfe einfacher HTML-Seiten, die Informationsarchitektur der Anwendung rudimentär abbilden.

Die zu einem Prototypen ausgearbeiteten Wireframes sind ein nützliches Werkzeug, um die Interaktion der Nutzer mit der Anwendung während der Lösung typischer Nutzungsaufgaben in Usability-Tests zu evaluieren.

Usability-Test

Usability-Tests helfen Nutzungsprobleme bereits in der Konzeptions- und Designphase zu erkennen und zu beheben. Während eines Usability-Tests lösen Nutzer typische Aufgaben an einem Prototypen und werden bei der Aufgabenlösung beobachtet. Im Anschluss werden sie dann zu ggf. aufgetretenen Schwierigkeiten und denkbaren Optimierungsmöglichkeiten befragt.

Rapid-Prototyping

Rapid-Prototyping ist die Kombination von Prototyping und wiederholten Usability-Tests. Der Ansatz ermöglicht verschiedene grafische und inhaltliche Elemente der Bedienoberfläche immer wieder auf ihre anvisierte Wirkung bzw. Akzeptanz bei den Nutzern zu testen und falls erforderlich bereits für den nächsten Usability-Test zu überarbeiten.

Ausblick

Im nächsten Artikel stellen wir Ihnen Fokusgruppen und Personas näher vor. Wir erläutern Ihnen, wie die Methoden funktionieren, was Sie bei der Durchführung beachten sollten und wir berichten Ihnen von unseren Erfahrungen.

Weiterführende Informationen zu Methoden und Werkzeugen finden Sie hier:

 

... ist seit 2012 Leiterin des Kompetenzzentrums für nicht-textuelle Materialien an der TIB. Dort werden innovative Infrastrukturen, Werkzeuge und Dienste entwickelt, um Open Educational Resources (OER), Wissenschaftsvideos, Forschungsdaten und wissenschaftliche Software besser nutzbar und zugänglich zu machen. Sie ist unter anderem für das TIB AV-Portal, das OER-Portal twillo und den Konferenzaufzeichnungsdienst TIB ConRec verantwortlich.