Die Weltmaschine im Technik-Salon – Literaturauswahl und Webfundstücke

Der Technik-Salon zum Thema WELTMASCHINEAm 5. Juni 2014 um 19.30 Uhr erfahren die Besucher des Technik-Salons im PIN-Lesesaal der Bibliothek mehr über das Forschen und Leben am Forschungszentrum CERN, welches in diesem Jahr sechzig Jahre alt wird.

Eckhard Stasch wird im Gespräch mit seinen Gästen Michael Krause (Sachbuchautor aus Berlin), Peter Ginter (Wissenschaftsfotograf aus Lohmar) und Olaf Lechtenfeld (Physiker an der Leibniz Universität Hannover) u.a. den Fragen nachgehen, wie die Anlage aussieht, wie es sich im Kreis von Tausenden internationalen Forschern arbeitet und lebt, wer die prägenden Figuren sind und welchen Stellenwert das CERN überhaupt hat.

In diesem Blogbeitrag möchten wir (meine Kollegin Esther Tobschall und ich) eine kleine Auswahl von interessanter und weiterführender Literatur sowie Webseiten, Videos und  andere Webfundstücke zum Thema zusammentragen.

Beginnen wollen wir dabei mit den Gästen des Technik-Salons:
Der Fotograf Peter Ginter hat zusammen mit dem Schriftsteller Franzobel und dem Physiker und Generaldirektor des CERN Rolf-Dieter Heuer einen eindrucksvollen Bildband über den Large Hardon Collider erstellt.
Wo Menschen und Teilchen aufeinanderstoßen: Begegnungen am CERN heißt das Buch von Michael Krause, der darin weniger die Forschung sondern vielmehr die Geschichte des CERN und die am CERN arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Olaf Lechtenfeld ist Professor am Institut für Theoretische Physik an der Leibniz Universität Hannover (viele seiner Publikationen sind übrigens über den PrePrint-Server arXiv frei verfügbar).  Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er von 1985 bis 1987 selbst am CERN tätig, später nochmal im Rahmen eines Forschungsfreisemesters dort. Anfang 2013 hielt Olaf Lechtenfeld einen Vortrag über „Die Grenzen des physikalischen Wissens“ (wir haben darüber gebloggt). Am Beispiel des Large Hadron Collider LHC machte er dabei deutlich, dass es  in einigen Fällen einen immensen Aufwand erfordert, wenn man heute noch neue Erkenntnisse aus der Beobachtung der Welt gewinnen möchte.

ALICE Kaverne, CERN © Peter Ginter
ALICE Kaverne, CERN © Peter Ginter

Der LHC ist ein Teilchenbeschleuniger, der im Sommer 2008 am CERN in Betrieb genommen wurde. Der LHC ist die „Weltmaschine“, mit der auch unsere Veranstaltung überschrieben ist. Eine umfassende Beschreibung des LHC-Projektes und dessen Ziele kann man unter Weltmaschine.de finden. Auch die Welt der Physik gibt einen guten Überblick zum LHC.

Das  CERN mit dem LHC ist aber nicht nur Forschungszentrum für die Teilchenphysik, sondern es ist wiederholt zum Objekt sozialwissenschaftlicher Forschungsarbeiten geworden. Nicht nur Michael Krause hat sich mit dem Aspekt auseinandergesetzt, was passiert, wenn nicht nur Teilchen, sondern auch mehrere Tausend Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aufeinander treffen. Eine Reihe von Fragestellungen drängen sich dabei auf: Wie wird Forschung in Großkollaborationen organisiert? Welche Strukturen, Hierarchien, Kommunikationsformen etc. gibt es? Welche Rolle spielt das Individuum, wenn die Arbeit nur von vielen gemeinsam geleistet werden kann? Welche Persönlichkeitsmerkmale oder Fähigkeiten bringen die Forschenden mit und – vor dem Hintergrund der über 80 Herkunftsnationen – beeinflussen internationale Konflikte die Forschung?

Ein erster Eindruck hierzu lässt sich im Focus-Artikel zur Fusion der Forscher (2011) gewinnen. Wie der Forschungsalltag am CERN aussieht, ist im Artikel Weltfremd (2013) auch anhand von Photos aus Andri Pols Buch „Menschen am CERN“ nachzuvollziehen. Eine weitere Photostrecke hieraus gibt es in der ZEIT.

Literatur rund um die "Weltmaschine"Eine umfassende Darstellung auch der Tücken menschlicher Kollaborationen und möglicher Kollisionen bietet das Buch Collisions and collaboration : the organization of learning in the ATLAS experiment at the LHC von Max Boisot et al.

In Karin Knorr Cetinas Wissenskulturen werden darüber hinaus Erkenntnisstrategien in der Teilchenphysik (Instrumente, Datenauswertung, -interpretation) aus sozialwissenschaftlichem Blickwinkel untersucht.

Das Buch Physics at the Terascale von Ian C. Brock und Thomas Schörner-Sadenius beleuchtet alle Aspekte der Forschung am LHC (und vergleichbarer Großexperimente): neben Fragen der Organisation (wie Soziologie und Management sowie Forschungsförderung) gibt es hier zudem Kapitel zur Physik und Technik der Experimente.

Eine schöne Einführung in die Physik des Large Hadron Colliders bietet Boris Lemmer in seinem Buch Bis(s) ins Innere des Protons. (Auch er kann auf die Beschreibung von Motivation und Leben der Teilchenphysiker nicht verzichten.) Boris Lemmers kann das alles auch in 12 Minuten zusammenfassen wie sein Beitrag zur Deutschen Science Slam Meisterschaft 2011 zeigt.

Weitere Bücher zur Physik des LHCs sind u.a.:

  • Odyssee im Zeptoraum : eine Reise in die Physik des LHC von Gian Francesco Giudice
  • Die Weltmaschine : der LHC und der Beginn einer neuen Physik von Don Lincoln. Mit einem Geleitw. zur dt. Ausg. von Rolf-Dieter Heuer (CERN)
  • Am Rand der Dimensionen : Gespräche über die Physik am CERN von Rolf Landua

Übrigens: Mit dem Schlagwort LHC findet man aktuell über 200 Treffer im Katalog der TIB/UB. Davon sind mehr als 150 Dissertationen die durch Forschung am LHC entstanden sind. Ungleich mehr Treffer – vor allem wissenschaftliche Aufsätze – liefert eine Suche in GetInfo, unserem Fachportal für Technik und Naturwissenschaften.

Wer sich eingehender mit der Physik, die dem LHC zugrunde liegt, d.h. mit Elementarteilchenphysik befassen möchte, wird hoffentlich in unseren Lehrbüchern zur Elementarteilchenphysik fündig.

Zum Schluss noch ein paar Videos, Podcasts und Zeitungsmeldungen zum Thema:

Und als Highlight zum Abschluss: Particle Fever ist ein Dokumentarfilm zum LHC, der ja vielleicht auch hier bei uns mal in das eine oder andere Kino schafft. Hier der Trailer:

Product-Owner TIB-Portal und Webredakteur