Big Data, Big Science, gemeinsame Infrastrukturen: e-IRG, der Think Tank europäischer eScience-Dienstleister, meldet sich zu Wort

Nicht nur Wissenschaftsdienstleister sprechen heute von Big Data. Die e-Infrastructure Reflection Group (e-IRG) hatte bereits 2010 hatte in einem Blue Paper darauf hingewiesen, dass Forscher immer häufiger Daten miteinander „teilen“ und kollaborativ bearbeiten müssen. Dazu bedürfe es einer gemeinsamen Daten-Infrastruktur, die insbesondere nachnutzbare, nach gemeinsamen Standards arbeitende Tools enthält.

Doch wer steckt hinter dem Kürzel e-IRG? 60 ExpertInnen aus Forschungsministerien und wissenschaftlichen Infrastuktureinrichtungen, darunter zum Beispiel das Oxford e-Research Center, die niederländische SURF-Stiftung und die Leiterin des RRZN in Hannover, treffen sich seit genau zehn Jahren regelmäßig, um als Dienstleister der digitalen Wissenschaft mit einer Stimme zu sprechen. Die e-IRG stellt in einem jährlich herausgegebenen Whitepaper aktuelle Entwicklungen kompakt dar, und leitet daraus ab, was die Politik tun sollte, um die wissenschaftliche Infrastruktur besser und gezielter zu fördern.

Seit dem Blue Paper von 2010 ist die Entwicklung nicht stehen geblieben. Für viele Wissenschaftler sind kommerzielle, hauptsächlich auf ein nichtwissenschaftliches Publikum zielende Tools wie Dropbox längst zum Baustein ihrer mit KollegInnen geteilten Forschungs-Infrastruktur geworden. Derartige Entwicklungen werden im gestern erschienenen Whitepaper 2013 breit thematisiert. In dem von Anne DecrouchelleFrançoise GenovaGabriele von Voigt, Jan Wiebelitz und mir verantworteten Kapitel über Open Science (ebd., S. 10 ff) gehen wir auf die Herausforderungen ein und geben konkrete Empfehlungen, darunter:

  • „To guarantee the long term perspectives of Open Access and Open Data, project based funding must be changed into financial models with adequate business models and legal constructs.
  • Facilitate access for citizen researchers to e-infrastructures, provide training and education capabilities to these people, and encourage the participation in science and research.
  • To make Open Science a European Common and the natural way science is done in Europe, a cultural change must take place. e-Infrastructures can provide the technical instruments to conduct science in an open way that science and economy will benefit. (…)
  • The scientific community, as the information provider, has to put in place mechanisms allowing shared data to be properly described, in particular by developing a special trained body of ‚data scientists‘ with the relevant disciplinary knowledge. These functions are different from the generic expertise of librarians, and have to be recognized.
  • Data publication and sharing have to be fully recognized as a part of scientific activities, and taken into account in the evaluation of individual scientists, teams and laboratories. Criteria for this evaluation (quality, impact, etc.) have to be established. (…)
  • EC (die europäische Kommission; Anm. LH) and national funding agencies should encourage scientists to publish their data in Open Data repositories.
  • EC and national governments should stimulate the development and promote the use of systematic reward and recognition mechanisms for data sharing, such as citation mechanisms and measurements of the data citation impact.“

Die Quintessenz des Kapitels, in meinen Worten:

Der Kulturwandel hin zu einer kollaborativen digitalen Wissenschaft steht nicht nur bevor, sondern ist auch wünschenswert. Wie diesen Wandel fördern? — Für die einzelne ForscherIn sollte es sich in vielfacher Hinsicht lohnen, eigene Forschungsergebnisse zu teilen. Diese neue Kultur selbst ist unabhängig von einer konkreten technischen Infrastruktur, doch um sie zu begünstigen ist eine gemischte, interoperable Infrastruktur wünschenswert. Daten-Infrastrukturen sollten langfristig (d.h. nicht nur projektbezogen) finanziert werden. Und um das Potential einer solchen Infrastruktur voll auszuschöpfen brauchen ForscherInnen einfach immer mehr digitales Know How. Neben BibliothekarInnen werden wir professionelle Daten-SpezialistInnen benötigen, die insbesondere auch über fachspezifisches Daten-Kompetenz verfügen.

[Anm. Lambert Heller, 17.7.2013: Der besseren Verständlichkeit halber habe ich im letzten Absatz „Projekte in diesem Bereich“ ersetzt durch „Daten-Infrastrukturen“.]

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