Das Kompetenzzentrum für nicht-textuelle Materialien — Interview mit Ingo Rieger

(Vgl. auch das Interview mit der Leiterin des Kompetenzzentrums, Margret Plank)

Interview mit Ingo Rieger, Ansprechpartner in der Abteilung IT-Entwicklung für das Kompetenzzentrum für nicht-textuelle Materialien an der TIB

Herr Rieger, was sind Ihre aktuellen Tätigkeitsschwerpunkte im Kontext des Kompetenzzentrums für nicht-textuelle Materialien an der TIB?

Als Mitarbeiter der Abteilung IT-Entwicklung in der TIB stehe ich dem Kompetenzzentrum prinzipiell in technischen Fragen der Datenverarbeitung sowie der Systemarchitektur und -integration von Softwarekomponenten zur Verfügung.

Beispielhaft möchte ich hier das Portal für audiovisuelle Medien (AV-Portal) ansprechen, welches die TIB derzeit in Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik entwickelt. Es handelt sich dabei um ein komplexes Softwaresystem, welches mit weiteren TIB-internen und externen Komponenten Daten austauscht, um die gewünschten Anforderungen zu erfüllen. Eine wichtige Aufgabe besteht somit darin, die Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen sinnvoll zu gestalten. Weiterhin sollen sich Benutzer am AV-Portal anmelden können, was die Erarbeitung einer Authentifizierungslösung bedingt. Darüberhinaus können lizenzrechtliche Einschränkungen der im Portal verfügbaren Filme eine spezielle Authorisierung der Benutzer erfordern. Mögliche Lösungsszenarien dieser und weiterer Anforderungen sind dann von mir zusammen mit Kolleginnen und Kollegen insbesondere der inhaltlichen Entwicklung zu diskutieren und zu bewerten.

Sie haben bereits das zukünftige AV-Portal der TIB erwähnt. Mit welchen technischen Highlights wird bei diesem Portal zu rechnen sein?

Eines der wesentlichen Merkmale wird die semantische Analyse, Suche und Exploration der im Portal hinterlegten Filme sein. Diese Techniken können unsere Nutzer in einem hohen Maße bei ihrer Recherche unterstützen.

Die Abbildung links zeigt einen Überblick der Analysekomponenten des AV-Portalkerns: Nach dem Einstellen eines neuen Films im AV-Portal wird dieser automatisch in Schlüsselszenen segmentiert und einer intelligenten Zeichenerkennung (ICR) zugeführt, welche im Video sichtbare Buchstaben und Zeichen — beispielsweise Untertitel — erkennt. Basierend auf der Audiospur des Films wird dann mittels automatischer Spracherkennung eine Transkription generiert. Die visuelle Klassifikation ermöglicht eine Zuordnung des Filmmaterials zu Genres wie Vorlesungsaufzeichnung oder Computeranimation, etc. Auch dies geschieht automatisch mithilfe maschinellen Lernens und künstlicher Intelligenz. In der sich anschließenden semantischen Analyse (Named Entity Recognition) werden die Ergebnisse vorgelagerter Analysekomponenten herangezogen, um die im Film erkannten Entitäten (Personen, Orte, etc.) in eine Ontologie einzuordnen. Abschließend werden die Resultate in einem Suchindex erfasst und performant zur Verfügung gestellt. Das Leistungsspektrum des zu implementierenden AV-Portals spiegelt somit einen aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik wider.

Was bedeutet die semantische Analyse der Filme konkret für unsere Nutzerinnen und Nutzer?

Unsere NutzerInnen können durch die semantischen Zusatzinformationen Verbindungen zwischen Filminhalten erkennen, welche aus den reinen Metadaten (Autor, Titel, etc.) eines Werks nicht unbedingt hervorgehen. Erst die Ergebnisse der semantischen Analyse ermöglichen das Erkennen von Entitäten — Personen, Orte, Ereignisse, usw. — im Film, sowie deren Einordnung in einen Wissensbestand. Konkret bedeutet das beispielweise, dass ein im Film erkannter Begriff wie Ring als Entität mathematischer Algebra, der Geometrie oder als Schmuckgegenstand in die entsprechenden Kontexte eingeordnet und damit erschlossen werden kann. Darauf aufbauend lassen sich dann Recherchemöglichkeiten implementieren, welche konventionelle, meist auf flachen Hierarchien basierende Suchen, übertreffen.

Man darf also gespannt sein?

Auf jeden Fall.

Herr Rieger, vielen Dank für dieses Interview.

Ich bedanke mich.

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