Megajournals: Schneller, größer, besser?

Zwar erst seit einigen Jahren auf dem Markt, sind sogenannte Megajournals in manchen Fachbereichen nicht mehr wegzudenken. Diese Fachzeitschriften sind durch drei Merkmale gekennzeichnet: Sie erscheinen ausschließlich online und Open Access, sie versuchen, viele, wenn nicht alle, Fachgebiete abzudecken, und sie entscheiden über die Veröffentlichung eines Beitrags nur nach wissenschaftlicher und methodischer Qualität, nicht wie viele andere renommierte Zeitschriften, nach zusätzlichen Kriterien wie Originalität oder Neuartigkeit der Ergebnisse oder der Methode (und damit nach dem erhofften Impact). 

Zu den bedeutenden Megajournals gehören PLOS ONE, BMJ Open, SAGE Open oder PeerJ. PLOS ONE, gegründet 2006, ist der Pionier und nach veröffentlichten Artikeln (rund 25.000 pro Jahr oder 70 pro Tag) die größte Fachzeitschrift der Welt. Beim Journal Impact Factor liegt PLOS ONE mit 3,234 auf Platz 9 von 57 Zeitschriften in der Kategorie „multidiscipinary sciences“, allerdings mit großem Abstand zu den „Platzhirschen“ Nature (41,5) und Science (33,6).

Die genannten Megajournals werden von Verlagen oder Organisationen herausgegeben, die als Open-Access-Verlage auftreten oder eigens dafür gegründet wurden. Inzwischen sind auch kommerzielle Verlage, die dem Open-Access-Gedanken bislang eher ablehnend gegenüberstanden, auf den Zug aufgesprungen, wie die Nature Publishing Group mit Scientific Reports oder IEEE mit IEEE Access.

Ein breites Fächerspektrum ist für alle Megajournals kennzeichnend, aber „multidisziplinär“ heißt natürlich nicht „omnidisziplinär“. Die meisten haben fachliche Schwerpunkte, entweder durch Vorgaben der Herausgeber oder auch durch die je nach Fachgebiet unterschiedliche Bekanntheit und Akzeptanz. PLOS ONE und BMJ Open haben beispielsweise einen großen Anteil an Beiträgen aus den Lebenswissenschaften und der Medizin, SAGE Open aus den Sozialwissenschaften.

Wie andere wissenschaftliche Zeitschriften führen auch Megajournals Peer-Review, also eine Begutachtung durch einen oder mehrere Experten, durch. Während aber manche traditionellen Journale wie Nature oder Science neben der wissenschaftlichen Qualität auch Kriterien wie Originalität und Neuartigkeit heranziehen und bewusst nur einen geringen Anteil der eingereichten Arbeiten veröffentlichen, ist bei den Megajournals nur ausschlaggebend, dass die Methodik den Standards des jeweiligen Faches entspricht. Dementsprechend gelangen bei Nature nur 8 %, bei PLOS ONE hingegen rund 70 % der eingereichten Artikel zur Veröffentlichung. Das wird bisweilen kritisiert, ist aber eigentlich ein sinnvolles Kriterium. Schließlich können nur die wissenschaftliche Community und der Lauf der Zeit entscheiden, ob ein Forschungsergebnis wirklich relevant ist. Nicht jede als bahnbrechend verkaufte Entdeckung ist auch bei näherem Hinsehen eine, umgekehrt kann sich ein vermeintlich trivialer Artikel als Grundlage für bedeutende Ergebnisse herausstellen.

Ein weiteres Argument, mit dem manche Megajournals werben, ist der schnelle Publikationsprozess. So dauert es bis zur ersten Entscheidung bei PeerJ durchschnittlich (Median) 27 Tage, bei BMJ Open 54 Tage, bis zur endgültigen Entscheidung bei PeerJ 51 Tage. Da es sich um reine Online-Zeitschriften handelt, die keine Rücksicht auf den Erscheinungsrhythmus von Printausgaben nehmen müssen, dauert es bis zur Veröffentlichung eines angenommen Artikels dann in der Regel auch nicht mehr lange.

Anzahl artikel in Megajournals
Anzahl der in Megajournals veröffentlichten Artikel in den Jahren 2010 bis 2015.
(Daten aus Björk 2015; für 2015 aus Scopus bzw. den Webseiten der Zeitschriften.)

Megajournals haben in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen, die Anzahl der in PLOS ONE publizierten Artikel stieg von knapp 7000 im Jahr 2010 auf knapp 32.000 im Jahr 2013 (siehe Graphik). Damit war der bisherige Höhepunkt erreicht, seitdem ging die Anzahl der Arikel deutlich zurück. Der Rückgang bei PLOS ONE wurde allerdings durch andere Zeitschriften aufgefangen, die 2010 noch gar keine Rolle spielten, inzwischen aber auch ein Stück vom Kuchen abbekommen haben. Dennoch ist der Anteil aller anderen Megajournals zusammengenommen immer noch geringer als der von PLOS ONE. In Summe ergibt sich ein Anstieg an Publikationen, der sich aber deutlich verlangsamt hat, so dass schon die Frage gestellt wurde, ob die Grenzen des Wachstums für diese Art von Zeitschriften erreicht sind. Von über 2,5 Millionen Artikeln, die laut STM Report 2014 in englischsprachigen wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind, stellen die rund 40.000 Artikel in Megajournals allerdings weniger als 2 % dar. Da ist vermutlich noch Luft nach oben, das weitere Wachstum dürfte aber unter anderem davon abhängen, ob das Konzept auch in Fachgebieten, die bislang auf stark spezialisierte Zeitschriften setzen, Fuß fassen kann.

Wie andere Open-Access-Zeitschriften finanzieren sich Megajournals über Publikationsgebühren, sogenannte article processing charges (APCs). Während diese bei den meisten Megajournals um die USD 1500 pro Artikel liegen, hat PeerJ ein neuartiges Geschäftsmodell eingeführt. Hier müssen alle Autorinnen und Autoren eines Beitrags eine Mitgliedschaft erwerben, um Artikel veröffentlichen zu können. Die Spanne reicht dabei von einmalig USD 99 für einen Artikel pro Jahr bis zu USD 399 für eine unbegrenzte Anzahl. Da das Modell mit der personen- statt artikelbezogenen Bezahlung ungewohnt ist und vermutlich manchen auch Schwierigkeiten bei der Finanzierung bereitet, bietet PeerJ inzwischen auch ein konventionelles APC-Modell an, das mit USD 695 pro Artikel aber deutlich günstiger als bei vielen Mitbewerbern ist.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB und ist insbesondere für Beratung und Schulungen zum Thema Open Access zuständig.