Mehr Sichtbarkeit und mehr Profil für meine Forschung! Wie und warum sich Open Access und facebook-ähnliche Dienste ergänzen

Dienste wie Academia.edu oder ResearchGate, bei denen sich Forscher Profile anlegen, sich untereinander vernetzen und einiges mehr tun können, sind in den letzten Jahren sehr populär geworden. (Vgl. auch einen Überblick über die Landschaft dieser Dienste.) Für die Universität Hannover existieren allein bei ResearchGate 1.563 Profile — bei insgesamt ca. 4.740 wissenschaftlichen Mitarbeitern.

Und im Vergleich mit anderen großen technischen Universitäten in Deutschland ist dieser Anteil nicht einmal ungewöhnlich hoch, betrachtet man etwa das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit 3.768 Profilen bei insgesamt 9.439 Mitarbeitern, oder die RWTH Aachen mit sogar 5.091 Profilen bei 9.191 Mitarbeitern. Natürlich sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen, denn ResearchGate existiert bereits seit 7,5 Jahren — im Laufe dieser Zeit können und werden auch Profile angelegt worden sein, die danach jahrelang nie wieder aktualisiert worden sind. (Dienste wie Facebook nennen daher meist die Zahl der „monatlich aktiven“, d.h. in diesem Zeitraum mindestens einmal eingeloggten, Benutzer.) Dennoch, der Anteil ist so hoch, dass man sich fragt: Was genau bieten derartige Dienste? Meiner Einschätzung nach gehört mindestens folgendes dazu:

  • Komfortables „Zusammenklicken“ eines eigenen Profils, das nicht zuletzt die vollständige eigene Bibliographie enthält — komfortabel in dem Sinne, dass der Dienst automatische Vorschläge macht, die man nur noch per Mausklick zu bestätigen braucht,
  • die Möglichkeit, das eigene fachliche Netzwerk zu zeigen, und den Aktivitäten von KollegInnen oder (ehemaligen) Mitstudierenden zu folgen,
  • Direktes Feedback auf eigene Aktivitäten, z.B. Downloadzahlen zu eigenen Publikationen, und
  • last not least: Als eine Art „Full Service“ bietet ResearchGate auch die Option an, eigene Publikationen hochzuladen und sofort weltweit frei zugänglich zu machen.

Insbesondere der letzte Punkt wirft die Frage auf: Ersetzen Dienste dieser Art Open Access? Meine Antwort lautet: Nein, Open Access bietet in einen einzigartigen Zusatznutzen für mein eigenes Profil als Forscher online, insbesondere:

  • Jedes Paper, das ich direkt in einem Open Access-Journal veröffentliche, kann unter seinem „offiziellen“ Zitier-Link, meist unter Verwendung einer DOI, direkt beim Publisher gefunden und dort heruntergeladen werden — das mühevolle Suchen nach einer erreichbaren Kopie entfällt.
  • Viele Nicht-OA-Journals schreiben mir vor, dass ich nur auf Servern meiner eigenen Hochschule meine Artikel frei zugänglich machen darf — ein zentralisierter Service wie ResearchGate hilft mir in dieser Situation nicht weiter.
  • Haltbarkeit auf Dauer — ist ein subtiler Vorteil des eigenen Repositories im Vergleich zu facebook-ähnlichen Diensten. Ich überreiche meine hochgeladenen Artikel nicht an ein kommerzielles Unternehmen, das mir keinerlei Garantien darüber gibt, ob und wie diese Artikel in Zukunft erreichbar sein werden, sondern habe die Gewissheit, dass letztlich meine Universität und Universitätsbibliothek selbst für die Erreichbarkeit sorgen.
  • Freier Zugriff auch über Web-Schnittstellen: Der Erfolg von Diensten wie Academia.edu, Mendeley und Co. zeigt, dass im Web ständig Interessantes und Neues entsteht. Um die eigenen Zeit und Nerven zu schonen sollte man daher — auch — auf Infrastrukturen setzen, aus denen man die eigenen Daten dann auch wieder herausbekommt, wenn man das will. Dienste, bei denen man sich zur Nutzung vieler Daten registrieren muss, und selbst dann vieles nicht einfach herunterladen und anderswo nachnutzen darf, helfen da nicht weiter.

Die vier oben genannten Punkte, zusammen betrachtet mit den vier unten genannten, zeigen letztlich: Facebook-ähnliche Dienste können eine gute zusätzliche „Werbemaßnahme“ für den eigenen Forschungsoutput sein, und ein einzigartiges fachliches Netzwerk abbilden — gut funktionierende Open Access Journals und -Repositories können sie gleichwohl nicht ersetzen, sondern eben nur ergänzen. Wir sollten alle Möglichkeiten des Webs für unsere Forschung kennen und nutzen!

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