4:7 für Open Access und Open Science: Der Halbzeit-Stand des Inetbib Wettspiels

Vor einem Jahr haben wir einen Prognose-Wettbewerb zu den Themen Open Access und Open Science ausgerufen und am Rande der 12. InetBib-Tagung in Berlin durchgeführt. Nun ist der erste von zwei Zeitpunkten eingetreten, zu dem wir — unterstützt von hilfsbereiten KollegInnen sowie begutachtet durch eine unabhängige ExpertInnen-Jury — ausgewertet haben, welche der elf Prognosen eingetreten sind. Zudem gilt es, die eindeutige Zwischrunden-Siegerin zu verkünden! Doch der Reihe nach:

  1. 30 deutsche Institutionen haben einen DFG-geförderten Open Access-Publikationsfonds. Ergebnis: Positiv. 32 Institutionen haben mittlerweile einen Fonds, siehe 2014 Census on Open Access Repositories in Germany, Austria, and Switzerland (wird veröffentlicht), sowie Suche in GEPRIS.
  2. Zwei Journals, die nach dem Episciences-Modell von Timothy Gowers arbeiten, haben jeweils mehrere Artikel zu verzeichnen. Ergebnis: Negativ. Wir haben keine Belege dafür gefunden, dass sich am Befund von Priem/Hemminger 2012, demzufolge nur ein einziges (!) Overlay Journal aktuell Beiträge annimmt, etwas geändert hätte.
  3. Zwanzig Journals, die in Web of Science oder Scopus indexiert sind, oder deren Verlag Mitglied der OASPA ist, verlangen von ihren Autoren verbindlich, zusammen mit jedem veröffentlichten Artikel alle dazugehörigen Forschungsdaten (unter einer CC- oder Open-Data-Lizenz) frei zugänglich zu machen. Ergebnis: Positiv. Seit der Ankündigung von PLoS (dazu gehören sieben Journals) im Frühjahr 2014 ist die Zahl von 20 Journals mit solchen Policies tatsächlich überschritten. Vgl. auch http://www.forschungsdaten.org/index.php/Data_Policies#Journal_Policies sowie ergänzend http://www.nature.com/authors/policies/availability.html, http://www.atmospheric-chemistry-and-physics.net/general_information/data_policy.html sowie http://www.springerplus.com/about. Herzlichen Dank an Heinz Pampel für die rasche, hilfsbereite Unterstützung bei der Recherche zu dieser Wette!
  4. Es werden 50 Open Access-Repositorien das DINI-Zertifikat besitzen. Ergebnis: Negativ. 46 OA-Repositorien besitzen ein Zertifikat, zwei Repositorien befinden sich nach Auskunft der DINI-AG Elektronisches Publizieren im Begutachtungsprozess. (Nachweis: DINI-Liste.)
  5. 40% der Träger-Institutionen deutscher Open Access-Repositorien der dann aktuellen DINI-Liste haben die Berlin Declaration on Open Access unterzeichnet. Ergebnis: Negativ. Es sind bisher nur 25%. (Nachweis: http://oa.mpg.de/lang/en-uk/berlin-prozess/signatoren/)
  6. 50% der Services, die im Rahmen der DFG-Förderung für virtuelle Forschungsumgebungen entstehen bzw. entstanden, werden nicht auf lokaler Infrastruktur (weiter-)entwickelt, sondern cloudbasiert nach den Prinzipien service-orientierter Infrastruktur (SOA) zur Nachnutzung und Weiterentwicklung bereitgestellt bzw. über Github angeboten. Ergebnis: Negativ. Eine Recherche in GEPRIS mit dem Suchbegriff Virtuelle Forschungsumgebungen erzielte 19 Treffer; eine Durchsicht dieser Ergebnisse (Selbstbeschreibung in der Datenbank sowie Informationen auf der Website des jeweiligen Angebots) erzielte keine positiven Ergebnisse (Cloudnutzung).
  7. Wikidata löst die Beziehungsrelationen der Gemeinsamen Normdatei (GND) abErgebnis: Negativ. Siehe DNB.
  8. Unter den großen Universitäten (den 400 Universitäten in den jeweils aktuellsten Times Higher Education (THE) World University Rankings) verwenden mindestens bei 20 Berufungsverfahren oder in der internen Mittelvergabe explizit auch Benutzungs-Metriken, Altmetrics oder Metriken wie WikiTrust zur Messung individueller Beiträge zu kollaborativ erstellten wissenschaftlichen Objekten. Ergebnis: Negativ. Wir erzielten mit dieser Frage große Aufmerksamkeit in der Fachcommunity, konnten jedoch nur einen positiven Fall finden.
  9. Elsevier wird aufgrund von Boykott-Aufrufen die Preise für die Mathematik-Zeitschriften nicht erhöht haben. Ergebnis: Positiv. 2013, im ersten Jahr nach dem Boykott, lag der durchschnittliche Listenpreis von Elseviers Mathematik-Journals in Euro 2,71% unter dem von 2011. 2014 sank er im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 0,28%. Der Median sank 2013 im Vergleich zu 2011 um 11,74%, 2014 sank er im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 16,43% — und lag mit 1617 € nur noch sehr knapp über dem Preis von 2005  (1603 €). Diese Veränderung ist dramatisch, wenn man bedenkt, dass die Preise zwischen 2005 und 2009 kontinuierlich gestiegen waren. — Herzlichen Dank an unsere Praktikantin Miriam Seeger, die aufgrund von den auf Elseviers Website publizierten Preislisten diese Berechnung angestellt hat!
  10. Der Deutsche Bundestag verabschiedet ein gesetzliches Zweitveröffentlichungsrecht. Ergebnis: Positiv. Siehe Bundestag.
  11. 50% der österreichischen Universitäten haben ein Open-Access-Repositorium. Ergebnis: Negativ. 27% haben ein Repositorium. Nachweis: Eigene Recherche, siehe auch Prognose 1.

Und nun, tusch!, zur Verkündung der klaren Siegerin der Zwischenrunde: Michaela Voigt, Open Access-Bibliothekarin an der SLUB Dresden. Herzlichen Glückwunsch! 🙂

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